Grünberg, Schloss: Unterschied zwischen den Versionen

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==Bezeichnung, Eigentümer, Kreis==
==Bezeichnung, Eigentümer, Kreis==
Straßenseitiger Flügel des ehem. Antoniterklosters (Rosengasse). Kreis Gießen.  
Straßenseitiger Flügel des ehem. Antoniterklosters (Rosengasse). Kreis Gießen.
==Bauherr, Grunddaten, Zustand==  
 
Landgraf Ludwig. IV. von Hessen (-Marburg), nach 1567. Baumeister E. Baldwein.  
==Bauherr, Grunddaten, Zustand==
Landgraf Ludwig. IV. von Hessen (-Marburg), nach 1567. Baumeister E. Baldwein.
 
==Geschichte==
==Geschichte==
Das Antoniterkloster war vor 1242 gegründet worden, wie alle hessischen Klöster wurde es 1527 aufgehoben und seine Einkünfte der Universität Marburg zugewiesen. Die Baulichkeiten bestimmte Landgraf Ludwig IV. als Witwensitz seiner Gemahlin Hedwig, die allerdings schon vor ihm verstarb, sowie seiner zweiten Gemahlin, Marie.
Das Antoniterkloster war vor 1242 gegründet worden, wie alle hessischen Klöster wurde es 1527 aufgehoben und seine Einkünfte der Universität Marburg zugewiesen. Die Baulichkeiten bestimmte Landgraf Ludwig IV. als Witwensitz seiner Gemahlin Hedwig, die allerdings schon vor ihm verstarb, sowie seiner zweiten Gemahlin, Marie.
 
==Baugeschichtliche Bedeutung==
==Baugeschichtliche Bedeutung==
Der Klosterhof ist eine längliche, trapezförmige Anlage zwischen der Stadtmauer und der Rosengasse. Die westliche Schmalseite wird vom Kirchenbau eingenommen, an der nördlichen Längsseite stehen bzw. standen an der Stadtmauer der Mönchsbau und vermutlich das Refektorium, die östliche Seite wird von dem dreigeschossigen aus Fachwerk bestehenden „Universitätsbau“ eingenommen und an der Seite zur Rosengasse steht als selbständiger Baukörper das Schloss.  
Der Klosterhof ist eine längliche, trapezförmige Anlage zwischen der Stadtmauer und der Rosengasse. Die westliche Schmalseite wird vom Kirchenbau eingenommen, an der nördlichen Längsseite stehen bzw. standen an der Stadtmauer der Mönchsbau und vermutlich das Refektorium, die östliche Seite wird von dem dreigeschossigen aus Fachwerk bestehenden „Universitätsbau“ eingenommen und an der Seite zur Rosengasse steht als selbständiger Baukörper das Schloss.
 
Dreigeschossiger massiver Traufenbau mit zwei Fachwerk-Erkern an der Straßenfront sowie einem einachsigen Anbau rechts, nur Erdgeschoss massiv, sonst Fachwerk. Der rechte Erker hat eine Breite von fünf Gefachen und in jedem Geschoss vier Fenster, paarweise angeordnet, der linke hat nur eine Breite von vier Gefachen, mit je vier Fenstern in beiden Geschossen. Die Erkergiebel sind mit S- und C- Voluten versehen, folgen also im Fachwerk grundsätzlich dem Typ des „Landgrafengiebels“. Im unteren Giebelgeschoss vier, im oberen zwei Fenster. Rechts vom rechten Erker springen das 1. Obergeschoss und das Erdgeschoss ein, innerhalb dieses Bauteils befindet sich in quadratischem Raum die runde Wendeltreppe. Nach dem Grundriss (Walbe, KDM Gießen I, 1938, S. 178) befindet sich der linke Erker vor einem Zwischenbau, an den links bereits die ehemalige Sakristei und die Front des Kirchenbaues angefügt sind. Rundbogiges Tor unter dem westlichen Erker, Durchfahrt zum Schlosshof.  
Dreigeschossiger massiver Traufenbau mit zwei Fachwerk-Erkern an der Straßenfront sowie einem einachsigen Anbau rechts, nur Erdgeschoss massiv, sonst Fachwerk. Der rechte Erker hat eine Breite von fünf Gefachen und in jedem Geschoss vier Fenster, paarweise angeordnet, der linke hat nur eine Breite von vier Gefachen, mit je vier Fenstern in beiden Geschossen. Die Erkergiebel sind mit S- und C- Voluten versehen, folgen also im Fachwerk grundsätzlich dem Typ des „Landgrafengiebels“. Im unteren Giebelgeschoss vier, im oberen zwei Fenster. Rechts vom rechten Erker springen das 1. Obergeschoss und das Erdgeschoss ein, innerhalb dieses Bauteils befindet sich in quadratischem Raum die runde Wendeltreppe. Nach dem Grundriss (Walbe, KDM Gießen I, 1938, S. 178) befindet sich der linke Erker vor einem Zwischenbau, an den links bereits die ehemalige Sakristei und die Front des Kirchenbaues angefügt sind. Rundbogiges Tor unter dem westlichen Erker, Durchfahrt zum Schlosshof.
Das Innere des Schlosses war in allen Geschossen durch eine Längsstützenreihe unterteilt, das 2. Obergeschoss war noch 1925 ein einziger ungeteilter Raum (Voigt, Baldwein, 1942, S. 140), von einer östlichen Kammer neben dem Treppenturm abgesehen.  
Das Innere des Schlosses war in allen Geschossen durch eine Längsstützenreihe unterteilt, das 2. Obergeschoss war noch 1925 ein einziger ungeteilter Raum (Voigt, Baldwein, 1942, S. 140), von einer östlichen Kammer neben dem Treppenturm abgesehen.
 
==Würdigung==
==Würdigung==
Grünberg ist das Beispiel der Umnutzung eines Klosters zum Renaissanceschloss, hier sogar für eine der führenden Landesherren des deutschen Protestantismus, was die Familie des Landgrafen angeht. Voigt ordnet den Bau in der spätmittelalterlichen Tradition ein und belegt dies mit der „traditionellen Anbringung des Treppenturms mit der herkömmlichen Spindel im Innern an der einen Seite des Baues“, der Zweischiffigkeit der Räume, dem Fehlen von Fluren und der unregelmäßigen Fensteranordnung. Die drei letzten Beobachtungen sind sicherlich richtig, gleichwohl nicht allein für mittelalterliche Bauten charakteristisch, die Unterbringung der Treppe ist zudem ganz unmittelalterlich. Als Traufenbau folgt Grünberg der Feudalarchitektur des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit (was im Gegensatz zu den Wohnbauten der Bürger steht!), durchbricht diese Tradition aber gerade durch die seitliche Anbringung der Treppe.
Grünberg ist das Beispiel der Umnutzung eines Klosters zum Renaissanceschloss, hier sogar für eine der führenden Landesherren des deutschen Protestantismus, was die Familie des Landgrafen angeht. Voigt ordnet den Bau in der spätmittelalterlichen Tradition ein und belegt dies mit der „traditionellen Anbringung des Treppenturms mit der herkömmlichen Spindel im Innern an der einen Seite des Baues“, der Zweischiffigkeit der Räume, dem Fehlen von Fluren und der unregelmäßigen Fensteranordnung. Die drei letzten Beobachtungen sind sicherlich richtig, gleichwohl nicht allein für mittelalterliche Bauten charakteristisch, die Unterbringung der Treppe ist zudem ganz unmittelalterlich. Als Traufenbau folgt Grünberg der Feudalarchitektur des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit (was im Gegensatz zu den Wohnbauten der Bürger steht!), durchbricht diese Tradition aber gerade durch die seitliche Anbringung der Treppe.
==Literatur, Quellen==  
 
Rechnungen im Staatsarchiv Marburg (vgl. Voigt, Baldwein, 1942)  
==Literatur, Quellen==
Rechnungen im Staatsarchiv Marburg (vgl. Voigt, Baldwein, 1942)
Voigt, Baldwein, 1942, S. 134-140  
 
Voigt, Baldwein, 1942, S. 134-140
 
Walbe, KDM Gießen I, 1938, S. 177-195, bes. S. 178 u. 193 f.
Walbe, KDM Gießen I, 1938, S. 177-195, bes. S. 178 u. 193 f.

Version vom 28. Juni 2013, 15:01 Uhr

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Bezeichnung, Eigentümer, Kreis

Straßenseitiger Flügel des ehem. Antoniterklosters (Rosengasse). Kreis Gießen.

Bauherr, Grunddaten, Zustand

Landgraf Ludwig. IV. von Hessen (-Marburg), nach 1567. Baumeister E. Baldwein.

Geschichte

Das Antoniterkloster war vor 1242 gegründet worden, wie alle hessischen Klöster wurde es 1527 aufgehoben und seine Einkünfte der Universität Marburg zugewiesen. Die Baulichkeiten bestimmte Landgraf Ludwig IV. als Witwensitz seiner Gemahlin Hedwig, die allerdings schon vor ihm verstarb, sowie seiner zweiten Gemahlin, Marie.

Baugeschichtliche Bedeutung

Der Klosterhof ist eine längliche, trapezförmige Anlage zwischen der Stadtmauer und der Rosengasse. Die westliche Schmalseite wird vom Kirchenbau eingenommen, an der nördlichen Längsseite stehen bzw. standen an der Stadtmauer der Mönchsbau und vermutlich das Refektorium, die östliche Seite wird von dem dreigeschossigen aus Fachwerk bestehenden „Universitätsbau“ eingenommen und an der Seite zur Rosengasse steht als selbständiger Baukörper das Schloss.

Dreigeschossiger massiver Traufenbau mit zwei Fachwerk-Erkern an der Straßenfront sowie einem einachsigen Anbau rechts, nur Erdgeschoss massiv, sonst Fachwerk. Der rechte Erker hat eine Breite von fünf Gefachen und in jedem Geschoss vier Fenster, paarweise angeordnet, der linke hat nur eine Breite von vier Gefachen, mit je vier Fenstern in beiden Geschossen. Die Erkergiebel sind mit S- und C- Voluten versehen, folgen also im Fachwerk grundsätzlich dem Typ des „Landgrafengiebels“. Im unteren Giebelgeschoss vier, im oberen zwei Fenster. Rechts vom rechten Erker springen das 1. Obergeschoss und das Erdgeschoss ein, innerhalb dieses Bauteils befindet sich in quadratischem Raum die runde Wendeltreppe. Nach dem Grundriss (Walbe, KDM Gießen I, 1938, S. 178) befindet sich der linke Erker vor einem Zwischenbau, an den links bereits die ehemalige Sakristei und die Front des Kirchenbaues angefügt sind. Rundbogiges Tor unter dem westlichen Erker, Durchfahrt zum Schlosshof. Das Innere des Schlosses war in allen Geschossen durch eine Längsstützenreihe unterteilt, das 2. Obergeschoss war noch 1925 ein einziger ungeteilter Raum (Voigt, Baldwein, 1942, S. 140), von einer östlichen Kammer neben dem Treppenturm abgesehen.

Würdigung

Grünberg ist das Beispiel der Umnutzung eines Klosters zum Renaissanceschloss, hier sogar für eine der führenden Landesherren des deutschen Protestantismus, was die Familie des Landgrafen angeht. Voigt ordnet den Bau in der spätmittelalterlichen Tradition ein und belegt dies mit der „traditionellen Anbringung des Treppenturms mit der herkömmlichen Spindel im Innern an der einen Seite des Baues“, der Zweischiffigkeit der Räume, dem Fehlen von Fluren und der unregelmäßigen Fensteranordnung. Die drei letzten Beobachtungen sind sicherlich richtig, gleichwohl nicht allein für mittelalterliche Bauten charakteristisch, die Unterbringung der Treppe ist zudem ganz unmittelalterlich. Als Traufenbau folgt Grünberg der Feudalarchitektur des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit (was im Gegensatz zu den Wohnbauten der Bürger steht!), durchbricht diese Tradition aber gerade durch die seitliche Anbringung der Treppe.

Literatur, Quellen

Rechnungen im Staatsarchiv Marburg (vgl. Voigt, Baldwein, 1942)

Voigt, Baldwein, 1942, S. 134-140

Walbe, KDM Gießen I, 1938, S. 177-195, bes. S. 178 u. 193 f.