Birstein, Schloss

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Infobox
008 SL 01 BIR 1194 31.jpg
Entstehungszeit: 13. Jh., 1279 Erstnennung
Baumaßnahme: etwa 1525-1620 Ausbau,
1764-68 barocker Erweiterungsbau
Bauherr: Grafen Johann III., Philipp und Wolfgang Ernst von Ysenburg
Eigentümer: Familie von Isenburg-Birstein
Ort: Birstein
Kreis: Main-Kinzig-Kreis
Markierung
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Bezeichnung, Eigentümer, Kreis

Familie von Isenburg-Birstein. Main-Kinzig-Kreis.

Bauherr, Grunddaten, Zustand

Grafen Johann III., Philipp und Wolfgang Ernst von Ysenburg. Das Schloss wurde zwischen etwa 1525 und 1620 in mehreren Abschnitten über den Resten einer mittelalterlichen Burg ausgebaut, die Eingangsseite durch den barocken Erweiterungsbau von 1764-68 überlagert.

Geschichte

Die 1279 als Fuldaer Eigentum erstmals erwähnte Burg gelangte spätestens 1459 ganz in die Hand der Grafen von Ysenburg und diente seit der Erbteilung 1517 als Residenz. Die Birsteiner Linie führten die Grafen Johann III. (1476-1533), Reinhard (1518-1568), Philipp (1526-1596) und Wolfgang Ernst (1560-1633, 1601 Gesamterbe der Ysenburger Linien). Reinhard verlegte 1559 seinen Hauptsitz nach Offenbach. 1628 erneute Teilung in eine Birsteiner und eine Büdinger Linie.

Baugeschichtliche Bedeutung

Die längliche, in Nord-Süd-Richtung gestreckte Gesamtanlage mit einem zentralen unregelmäßigen Vierflügelschloss wird nördlich durch eine regelmäßige dreiflügelige Vorburg mit mittlerer Durchfahrt vom Ort Birstein abgeschirmt, rückwärtig (südlich) schließt sich ist ein weiterer zweiflügeliger Wirtschaftshof an das Kernschloss an. Östlich unterhalb des Schlosses barocker Park [Anm. 1]. Von der dem Schloss nordwestlich vorgelagerten Bastion haben sich Reste erhalten (N; „Scharfeneck“, ca. 1620?).

Nördliche Vorburg. Der nördliche Vorhof ist von Wirtschaftsgebäuden dreiflügelig eingefasst, mittig findet sich die Tordurchfahrt innerhalb des Kanzleibaues (G), östlich der Marstallbau (F) und westlich das Brauhaus (Kutschenbau, K). Der Marstall wurde ab 1600 (Bickell, S.135) an einen vorhandenen Rundturm (Bickell: Turm VI, S. 135) angebaut. Die ursprüngliche Hoffassade zeigt ein im Schloss aufbewahrtes Gemälde des 18. Jh.: In beiden Geschossen finden sich Rundbogenarkaden, die im Obergeschoss auf der Brüstung ansetzen. Am südlichen Ende springt der Bau mit veränderter Gliederung etwas in den Hof ein und bildet ein Durchfahrtstor zum Kernschloss. Das Portal wird von Pilastern gerahmt und hat zwei Obelisken als seitliche Bekrönung. Bei späteren Umbauten blieben der Rundturm und ein Teil des Nordgiebels erhalten, der von Viertelkreisbögen begrenzt und durch Pilaster gegliedert wird. Der viergeschossige Turm wird von umlaufenden Gesimsen unterteilt und hat kleine querrechteckige Schießscharten, die zu mehreren auf jeweils einer Höhe angebracht sind. Das ehemalige Brauhaus (K), der Westflügel der Vorburg, hat trotz seiner durchgreifenden Barockisierung einen Grundstein aus dem Jahre 1532 und einige wenige Renaissancefenster bewahrt.

Die Vorburg ist heute auf die Barockfassade des Neuen Schlosses ausgerichtet. Ursprünglich war dem Schloss eine Terrasse mit einer Mauer gegenüber der Vorburg vorgelagert (Bollwerk, L, 1603, beziehungsweise Höfchen, R), wie auf dem Gemälde des 18. Jh. zu sehen ist. Der Zugang führte zur Renaissancezeit – wie noch heute – offenbar seitlich am Schloss vorbei in den hinteren Hof und von dort her in das Innere. Der Zugang führte durch ein Tor, das an den Marstall angebaut war. Das „Bollwerk“ stellt sich als eine hohe Mauer dar, von drei Strebepfeilern zum Hof hin abgestützt, in deren Brüstung sich vier Schießscharten und ein kleines Rundfenster befanden.

Südlicher Vorhof (Kutschenhof). Der südliche Vorhof wird von der Kernburg und zwei Flügeln im Süden und Westen begrenzt. Es handelt sich um den „Verbindungsbau“ (E, um 1570) und das aus zwei Teilen sowie einem runden Treppenturm bestehende „alte Rüsthaus“ (D). Dieser Bau ist zweigeschossig, mit einfachen Rechteckfenstern im Obergeschoss sowie zwei Toren im Erdgeschoss. Der Treppenturm hat ein spitzbogiges Portal mit Fase, im Bogen mit doppelter Kehle, bezeichnet 1553. Die Fenster am Turm sowie ein vermauertes Fenster östlich des östlichen Tores haben Kiel- beziehungsweise Vorhangbögen. Das östliche Tor hat seitliche Gewände mit Eckwulst und begleitenden Kehlen (Stabwerk) aus der Mitte des 16. Jh., der Segmentbogen ist barock aufgesetzt. Das westliche Einfahrtstor in den Kutschenbau, datiert 1591, interessanterweise mit Versatzzeichen, links arabische Ziffern 1-5, rechts römische Ziffern I-VI, Scheitelstein leicht spitzbogig. Entgegen dem Bickellschen Grundriss von 1895 springt heute, wohl seit 1906, die westliche Fensterachse als kleines Ecktürmchen in den Hof vor, hier finden sich ein rechteckiges Portal mit gestäbtem Gewände, darüber ein Wappenstein, bezeichnet 1610, und weitere Spolien. Portal und Wappenstein wurden 1906 vom Schloss Reuckingen nach Birstein gebracht (laut Inschrift). Folglich ist das Gebäude 1553 errichtet worden, erhielt 1591 ein neues Tor und wurde 1906 verändert. Dabei setzte man auch ein weiteres Portal links des Treppenturms ein, es wird von kannelierten Pilastern mit ionischen Kapitellen gerahmt, darüber Architrav und Attika mit zwei Löwenmasken über einem Pilaster. Auf einem Foto von 1895 ist es noch nicht vorhanden.

Kernburg. Die Kernburg ist eine unregelmäßige Anlage aus vier Flügeln um einen Innenhof. Ältester Teil ist der Küchenbau (A) im Westen, ihm gegenüber steht im Osten der Neue Bau (B), die Verbindung zwischen beiden übernehmen im Süden der Kapellenflügel (C) und im Norden das Neue Schloss (H, 1764-68). Der Eingang befindet sich in einem schmalen Bau zwischen Kapellenflügel und Neuem Bau im Süden. West-, Süd- und Ostflügel der Kernburg gehören zumindest teilweise der Renaissance an, während vom Nordflügel nur noch die Außenansicht des 16. Jh. durch das genannte Ölgemälde überliefert ist.

Nordflügel. Die Außenansicht vor Errichtung des Neuen Schlosses 1764-68 ist einem im Schloss aufbewahrten zeitgenössischen Gemälde zufolge uneinheitlich. Hinter einer ummauerten Terrasse (bei Bickell, „Bollwerk“, L, dahinter „Höfchen“, R) erhebt sich ein oberhalb des Sockelgeschosses dreigeschossiger mittlerer Bau mit vier Voluten-Zwerchgiebeln. Vor dem 1. Obergeschoss befindet sich ein kleiner Erker mit dreieckigem Giebel. An der Nordfront des Ostflügels (links) erkennt man einen Giebel mit Krüppelwalmdach, vielleicht um 1500. Vor dem Ostflügel steht ein zweigeschossiger Vorbau, dessen oberes Geschoss eine kleine offene Kolonnade ist, darüber befindet sich ein halbes Walmdach. Links steht ein größerer Vorbau, im Grundriss Bickells ist er als „T, Frauenerker (?), c.1591“ eingetragen. Über dem „Bollwerk“ sind zwei Vollgeschosse zu sehen. Im Hofbereich überragt der Abschluss eines runden Turmes den Nordflügel (im Plan von Bickell „I“).

Die heutige Fassade des Nordflügels zeigt einen symmetrischen Barockbau mit dreiachsigem Mittelrisalit. Vermutlich ist das Mauerwerk dieser Fassade bis auf den Risalit noch renaissancezeitlich.

Nach von Bickell veröffentlichten archivalischen Quellen (Bickell, S. 135 f.) wurden am Nordflügel ab 1603 Umbauarbeiten durchgeführt. Über Fronstube (Erdgeschoss) und Frauenzimmerbau (1. Obergeschoss) wurde ein Geschoss aufgesetzt, durch die Steinmetzen Jost Schöffer und Hans Schmidt aus Büdingen entstanden dann drei neue Giebel „mit fünff simbsen vbereinander“, die westlich vortretende Abschlussmauer des Westflügels erhielt ab 1604 einen entsprechenden Giebel. Die alten Fenster – nach Bickell wohl Vorhangbogenfenster – wurden von Steinmetz Hans Henneberg aus Büdingen (?) mit „Bossenquadern, Fuss- und Friesgesims“ versehen. Im Innern entstanden eine neue Treppe und der Hirschsaal mit neun Säulen. Der Saal wurde mit einem Kamin (Steinmetz Hans Büdenner aus Büdingen, wohl Hans Büttner) und einer Stuckdecke (Meister Merten Dreybock aus Lohr/Main) versehen, auch andere Räume erhielten Stuckdecken. Der Maler Johann Sanßdorff malte den Saal, der nach Bickell wahrscheinlich im neuen Obergeschoss zu suchen ist, mit „Wappen und Croppen“ (Bickell: Gruppen) aus. Sodann werden Arbeiten eines Steinschneiders (Mosaikfußboden?) und eines Schreiners (Türgewände) genannt.

Westflügel (Küchenbau). Viergeschossiger länglicher Bau auf rechteckigem Grundriss, durch einen schmalen rückwärtigen Hof und einen schmalen Parallelflügel von der westlichen Burgmauer getrennt. Am Obergeschoss Renaissance-Erker, wohl um 1555. Die Fenster im ersten Obergeschoss und wohl auch im Hocherdgeschoss sind jeweils durch Quader um etwa 30 cm nach unten verlängert. Dabei sind einige Mittelstützen komplett ausgewechselt worden, die dadurch heute sehr unproportioniert wirken. Der sogenannte Küchenbau stammt im Kern aus dem 13. Jh., Bickell bildet von seiner Westfassade ein vermauertes gekuppeltes Fenster mit Kleeblattbogen ab [Anm. 2]. Er wurde laut Rechnungen (Bickell) 1549-51 durch den Steinauer Baumeister Asmus umgebaut. Die Fenster haben Vorhang- oder Segmentbögen. Der runde Treppenturm von 1565 (Inschrift) hat im Hof ein segmentbogiges Portal etwa auf Höhe des 1. Obergeschosses, rechts daneben befinden sich ein spitzbogiges Portal und darüber eine Pechnase, also spätmittelalterliche Teile. Auf der dem schmalen westlichen Hof zugewandten Westseite befindet sich ein Erker.

Die Fenster der beiden unteren Geschosse, also das Hocherdgeschoss mit Vorhang- und Kielbögen und das Mittelgeschoss mit Segmentbögen, werden durch den rechteckigen Treppenturm teilweise beschnitten. Das oberste Geschoss mit Rechteckfenstern (einzeln und gekuppelt) ist offensichtlich nachträglich aufgesetzt. Diese Aufstockung stößt am rechteckigen Treppenturm gegen einen Pilaster mit Löwenmaske, dürfte also wiederum jünger sein als das oberste Geschoss des Treppenturms, das wahrscheinlich 1596 entstand (Jahreszahl am nachträglichen Portal im Erdgeschoss); demnach dürfte die Aufstockung des Küchenbaues nach 1596 entstanden sein. Der nördliche runde und sehr hohe Treppenturm wird teilweise durch das barocke Mauerwerk ummantelt und hat oben im Fenster eine Jahreszahl aus den 1540er Jahren.

Der Flügel ist hofseits durch einen runden Treppenturm erschlossen, von dem ein Mittelflur ausgeht. Seitlich des an den runden Treppenturm anschließenden Flures liegen größere Räume, nördlich die Küche mit einem Gewölbe auf Rundpfeiler. Die Küche lässt sich klar erkennen, war aber schon zu Bickells Zeiten verbaut. Für den Flur gilt das gleiche. Ein einfaches spitzbogiges Portal mit Fase führt vom Treppenturm zu diesem Flur, das Profil passt sowohl in das 15. ebenso wie in das 16. Jh. Vom Flur aus führt in den südlichen Raum ein aufwendigeres Portal des mittleren 16. Jh. Westlicher Parallelflügel. An die westliche Außenmauer ist ein schmaler Bau angesetzt, der im Bickellschen Grundriß wie ein klassizistischer Flügel mit Fenstern und Flur erscheint. Tatsächlich verstellen die klassizistischen Öffnungen ältere Fenster, die den bereits scharrierten Gewänden nach im 15. oder 16. Jh. entstanden sein dürften, eventuell in der zweiten Hälfte des 15. Jh.

Südlich ist dem Küchenbau in ganzer Breite der Kapellenflügel vorgelagert, im Winkel zwischen beiden Flügeln steht der rechteckige Treppenturm. Er erschließt einen gewölbten Gang zwischen Kapellenflügel und Küchenflügel, der vom Treppenturm bis zur westlichen Burgmauer führt und von hier weiter nach Süden zu den Gebäuden des Vorhofes [Anm. 3]. Der Bogen hat eine Fase zum gewölbten westlichen Vorraum. Von diesem Vorraum aus sieht man auf den Halbrundturm in der westlichen Wehrmauer, der waagerecht abgetreppte Schießscharten aufweist, also sicherlich nicht hochmittelalterlich ist.

Rechteckiger Treppenturm. In den Kapellenflügel führt vom Hof aus ein rechteckiger viergeschossiger Treppenturm. Sein Eingang befindet sich an der Nordseite. Das Portal ist rechteckig und wird von zwei ornamentierten Pilastern auf Diamantquadersockel gerahmt. Darüber ein Dreiecksgiebel mit Jahreszahl „1596“ (bei Bickell mit Druckfehler genannt: 1569), seitlich des Dreiecksgiebels je ein kleines Rundfenster. Das Portal schuf vermutlich Hans Eckel (Bickell, S. 134). Die Fenster der Hauptgeschosse haben eine rundbogige innere Laibung, der äußere profilierte Rahmen wird von einem halben Sechseck abgeschlossen, der Rahmen ist dreifach gestäbt. Über dem 2. Obergeschoss Gesims. Das 3. Obergeschoss ist durch Pilaster gegliedert, die Wandfelder mit Rechteckfenstern bilden. Dieses Obergeschoss entstand 1596 durch Hans Eckel (Bickell). Die Fenster mit facettierten Rundstab-Kehleprofilen scheinen älter zu sein als 1596 und wiederverwendet.

Der Treppenturm beschneidet die Fenster des 1550/51 vollendeten Westflügels, der Kapellenbau wurde der Inschrift auf der Südseite zufolge 1555 errichtet. Der Treppenturm dürfte mit dem Kapellenbau gleichzeitig entstanden sein, obwohl er nicht inschriftlich oder durch Rechnungen datiert ist. Der Umstand, daß wir es mit einem rechteckigen Treppenturm zu tun haben, wurde bisher wenig gewürdigt. Die Treppe erscheint als Umsetzung einer runden Wendeltreppe in Recheckform. Dies macht die Einführung von Treppenpodesten in den Winkeln nötig. Treppenstufen finden sich an den vier geraden Seiten (was aus dem Grundriß von Bickell nicht hervorgeht), die Treppe ist mit einem unregelmäßig zusammengesetzten Gewölbe versehen. Im 2. Obergeschoss führt ein spitzbogiges gestäbtes Portal in den Kapellenflügel. Den oberen Abschluss der Treppe (also im 1596 aufgesetzten Geschoß) bildet, vom Kreuzgewölbe aus gesehen, über der Spindel, die als quadratischer Mauerblock ausgebildet ist, ein achteckiger Pfeiler.

Südflügel (Kapellenbau). Der Südflügel (Kapellenbau) ist dreigeschossig und hat ein Mansarddach. Die Hofseite wurde 1901 durch einen historistischen Fachwerk-Aufsatz des Erkers verändert. An der südlichen Außenseite haben die zwei unteren Geschosse zumeist gekuppelte Zwillingsfenster (Mittelpfosten erneuert, s. BKDM, Tf. 205), das 2. Obergeschoss hohe unprofilierte Fenster. In der 6. Fensterachse von Ost befindet sich ein segmentbogiges Portal mit rechteckigem gestäbten Rahmen, links daneben eine Inschrifttafel von 1555. Ein weiteres, sehr einfaches Spitzbogenportal des Kapellenflügels trägt die Jahreszahl 1555. Daneben befindet sich ein Wandbrunnen mit Blendmaßwerkeinfassung (die Brüstungsplatten Mitte 16. Jh., die Eckpfosten erneuert), der Brunnen selbst liegt teilweise unter dem Mauerwerk des Flügels. Das 2. Obergeschoss (mit Eckquaderung) datiert Bickell erst aus dem 18. Jh., es dürfte sich aber nur um eine durchgreifende Erneuerung handeln. Bei dieser Aufstockung sollen die Fenster des 1. Obergeschosses, der ursprünglichen Kapelle, verkleinert worden sein.

Ferner gibt es im Hocherdgeschoss an der Stelle des historistischen Fachwerk-Altans ursprünglich einen Erker mit Kreuzrippengewölbe, der auch im oberen Geschoss hinter dem Fachwerk noch in Ansätzen (auch Rippenansatz) zu erkennen ist, sowie einen zweiten Erker nach Osten, von dem außen ein Entlastungsbogen erhalten ist, innen der Segmentbogen der Erkeröffnung. Zum Torbau hin springt das Mauerwerk etwas zurück, so als wäre hier vielleicht Platz für einen ehemaligen Durchgang. Das Innere ist stark verbaut und derzeit nicht vollständig zu rekonstruieren. Im Mittelgeschoss befindet sich zwei Fensterachsen vom Verbindungsbau E entfernt ein großer Spitzbogen, in der Art eines Triumphbogens mit breiten Fasen nach Westen und Osten. Vermutlich lag hier der Kapellenraum und hat nach Westen den gesamten Flügel eingenommen (der Bickellsche Grundriss gibt nur das Erdgeschoss wieder, im Obergeschoss reicht der Raum bis zum westlichen Turm, hat dort aber keine typischen Kapellenfenster, sondern ein einfaches Renaissancefenster). Nach Osten könnte dann ein Chorraum bis knapp zum Treppenturm gereicht haben, hier befindet sich eine etwa 70 cm starke Quermauer (im Grundriss nicht eingetragen). Der übrige Bereich bis zum Ostgiebel dieses Flügels dürfte ursprünglich ununterteilt gewesen sein, vom Treppenturm aus war der Raum ursprünglich durch ein spitzbogiges Portal erschlossen, später durch das heutige. Bickell zeigt in seinem Plan das ursprüngliche Portal.

Der Verbindungsbau E überschneidet ein Gewände eines hochrechteckigen Fensters im Mittelgeschoss des Südflügels (Kapellenflügel). Im Sturz sind die Ziffern 1 und 5 (oder Buchstaben I und S?) zu erkennen (weiteres zum Kutschenhof s. o.).

Der Ostflügel ist ein dreigeschossiges Gebäude mit schmalem Risalit auf der Ostseite, Standerker auf der Südseite und Treppenturm im Hof. Mansarddach. Der Standerker zum Marstallhof hat ein rundbogiges Tor im Untergeschoss, bezeichnet 1549. Die beiden oberen Erkergeschosse sind schmaler und haben in der Brüstung Blendmaßwerk mit Fischblasenmotiv. Über drei Vorhangbogenfenstern des 1. Obergeschosses findet sich ein vermauerter gerader Fenstersturz eines ehemals zweiteiligen Fensters. An der Seitenfront ein einfaches Vorhangbogenfenster. Auch die Vorhangbogenfenster des oberen Erkergeschosses scheinen an der Vorderfront erneuert, an der Seitenfront dagegen ursprünglich zu sein. 1895 im 1. Obergeschoss noch gekuppelte Zwillingsfenster, im 2. Obergeschoss drei Vorhangbogenfenster (wie heute). Man kann die Vorhangbogenform also wohl für die Bauzeit 1527 in Anspruch nehmen. Im 2. Obergeschoss Gewölbe mit Wappen-Schlußstein (Ysenburg). Das Rundbogentor im Erdgeschoss mit möglicherweise nachträglichem Falz für Torflügel, nur seitlich, nicht im Bogen, verstellt eine ältere leicht spitzbogige Toröffnung mit Fase, vielleicht erstes Drittel 16. Jh. Das Untergeschoss dieses Baues hat nach Osten mittelalterliches Mauerwerk, das Mauerwerk des 1. und 2. Obergeschosses wirkt demgegenüber glatter, einschließlich der Eckverzahnung, offenbar erste Hälfte 16. Jh. oder 1549.

Der Flügel entstand nach Bickell einschließlich des Erkers 1527 und erhielt 1549 den Erkerunterbau mit rundbogiger Öffnung sowie den runden Treppenturm mit einem segmentbogenförmigen Portal, später zu einem Fenster vermauert (hoch darüber als dekoratives Element eine Pechnase). 1596 kamen das aufwendige Treppenturmportal und neue Fenster hinzu. Diese Umbauten nahm wohl Hans Eckel vor. Das Portal befindet sich seitlich am Treppenturm auf der Höhe des ursprünglichen Portals. Zwei vorspringende kannelierte Säulen mit korinthischen Kapitellen und Löwensockeln rahmen die rechteckige Türöffnung. Über dem Architrav Doppelwappen (Wolfgang-Ernst von Ysenburg / Katharina von Gleichen-Remda). Darunter die Jahreszahl „1596“; in diesem Jahr trat Wolfgang Ernst das Erbe Philipps II. an.

Die Bauabfolge am Tor zwischen Süd- und Ostflügel stellt sich folgendermaßen dar: Standerker des Ostflügels, dann das anschließende Mauerstück bis zum Tor, hinter dem sich ein kleiner Raum befindet (Zwillingsfenster, wohl Renaissancegitter davor, innen eine Farbfassung des späteren 16. Jh.) und schließlich das Tor selbst. Eine kleine Pforte von dem eben genannten Raum zum Torweg ist segmentbogig. Das Tor besteht aus zwei Bögen, das kleine Torgewölbe verstellt beziehungsweise verdeckt teilweise das Fasenprofil des inneren Torbogens. Hier dürfte mit kurzem Abstand eine zeitliche Abfolge vorliegen: erst innerer Bogen, dann äußerer Bogen. Der Keller ist ein hoher gewölbter Raum, auf Schalung gemauert. Von Süd nach Nord sinkt der Boden leicht ab. Nach Süden ein rundbogiges Portal, Pfannensteine für Torholme. Bergseits gründet das Gewölbe auf dem Felsen, der in den Kellerraum leicht hineinragt. Der Boden ist mit Sandsteinplatten belegt, in der Mitte befindet sich eine heute verschmierte Abwasserrinne. Nach Norden schließt der Kellerraum mit einem rundbogigen sorgfältig scharrierten Portalbogen ab, zum Kellerraum hin Angelsteine für die Torflügel. Die tiefste Stelle des Kellers ist im Südosten, hier tritt die Rinne aus dem Gebäude unter einem Fenster nach außen. Die bewohnten Hauptgeschosse sind derzeit nicht zu rekonstruieren.

Anmerkungen

1.) Ludwig Bickell bezeichnet die einzelnen Bauten im Band der Bau- und Kunstdenkmäler mit Buchstaben, die im Folgenden beibehalten werden. 2.) Die betreffende Mauerpartie ist eindeutig identifizier- und datierbar, heute aber leider verputzt (Foto UG 2605/0a). 3.) Er hat einen Bogenanfänger, der nicht in der Flucht des Küchenflügels sitzt, wie im Inventar angegeben, sondern in der Flucht der Hofmauer des westlichen spätmittelalterlichen Hofgebäudes. Diese Hofmauer hat eine Stärke von sicherlich 70 cm, im Grundriss also zu schmal angegeben.

Würdigung

Die Bedeutung des Schlosses liegt in der weitgehenden Überformung einer großen mittelalterlichen Anlage zu einem Renaissanceschloss, bei dem trotz Errichtung in Bauphasen um 1525, um 1549 und um 1596 ein vierflügliges Schloss mit ursprünglich vier Treppentürmen im Hof sowie nicht minder repräsentativen Vor- und Hinterhöfen zustande gekommen ist. Bemerkenswert sind daneben einige bauliche Details, namentlich der rechteckige Treppenturm im Hofwinkel. Selbst der barocke Umbau ging schonend mit dieser Gesamtanlage um, beispielsweise wurde der Treppenturm des Nordflügels, wenn auch ohne die Treppenspindel, stehengelassen und diente weiterhin als Hauptturm des Schlosses.

Literatur, Quellen

Pläne: BKDM, Tf. 202 u. 203

Bickell, BKDM Gelnhausen, 1901, S. 129 – 138

Dielmann, Birstein, 1958 (geht nicht über Bickell hinaus)

Dehio, Hessen, 1982, S. 91 f.

Wolf, Hermann, 1988, S. 445-522, bes. S. 463-467 (zum barocken Archivbau der Vorburg)