Babenhausen, Schloss: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 4. September 2013, 10:42 Uhr
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Entstehungszeit: | um 1190 |
Baumaßnahme: | um 1570/80 Ausbau |
Bauherr: | Herren von Münzenberg, Grafen Philipp IV. und Philipp V. von Hanau-Lichtenberg |
Eigentümer: | Stadt Babenhausen |
Ort: | Babenhausen |
Kreis: | Darmstadt-Dieburg |
Bezeichnung, Eigentümer, Kreis
Stadt Babenhausen. Kreis Darmstadt-Dieburg.
Bauherr, Grunddaten, Zustand
Quadratische Anlage mit großem Palas der Herren von Münzenberg gegen 1190, Ausbau durch die Grafen Philipp IV. und Philipp V. von Hanau-Lichtenberg um 1570/80. Für das Jahr 1570 ist ein Meister Jörg aus Durlach (Franz, 2001, S. 96) verdingt, der vorher in Kelsterbach beschäftigt war (Herchenröder, KDM Dieburg, 1940), 1570 sind drei Giebel nahezu vollendet (Herchenröder, KDM Dieburg).
Geschichte
1236 als münzenbergischer Besitz erstmals urkundlich erwähnt, nach ihrem Aussterben an die Herren von Hanau. Ab 1458 wird die ehemalige Wasserburg Sitz des rechtsrheinischen Teils der Linie Hanau-Lichtenberg. 1736 hessisch. Im 19. Jh. Garnison, 1818-1869 Militärstrafanstalt. 1892 Versteigerung, Käufer wird Kommerzeinrat Gustav Bickler. Wechselnder Privatbesitz bis 2001.
Baugeschichtliche Bedeutung
Quadratische Anlage mit großem Palas der Herren von Münzenberg gegen 1190, Ausbau durch die Grafen Philipp IV. und Philipp V. von Hanau-Lichtenberg um 1570/80. Für das Jahr 1570 ist ein Meister Jörg verdingt, der vorher in Kelsterbach beschäftigt war (Herchenröder, KDM Dieburg).
Anlage. Die Burg Babenhausen liegt südlich vor dem gleichnamigen Städtchen, sie werden durch die Gersprenz und jeweils eigene Befestigungsringe voneinander getrennt. Das annähernd quadratische Schloss wird von einer auf drei Seiten rechtwinkligen, auf der Stadtseite leicht unregelmäßigen äußeren Einfassung mit vier runden Ecktürmen und einem aus der Mittelachse deutlich verschobenen Torturm gesichert. Drei breite Wassergräben bilden die Sicherung des Schlosses (Lageplan von 1757, StAM, Herchenröder, KDM Dieburg, 1940, S. 31). Die heutige äußere Befestigung war von einer weitläufigen vorgelagerten Befestigung umgeben, innerhalb und vor der sich zwei breite Gräben befanden, der dritte erstreckte sich zwischen der (heutigen) äußeren Befestigung und dem Schloss selbst, das aber an allen Ecken von zusätzlichen Rundtürmen gesichert war (um 1460, s. u.).
Torbau. Der Torbau ist ein dreigeschossiger Turm mit Mansarddach und burgseitigem runden Treppenturmanbau, dort am spitzbogigen Portal 1525 bezeichnet. Auf der Außenseite Doppelwappen von Hanau-Lichtenberg und von Baden, eventuell 1525. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass der Turm selbst noch aus der 2. Hälfte des 15. Jh. stammt. Auf der Außenseite links rundbogiger Durchgang im 1. Obergeschoss zum ehemaligen Wehrgang der auf den Torturm führenden gesicherten Torgasse. Ein entsprechender Ausgang auch hofseitig am Treppenturm, dort befand sich um 1900 noch der Maueransatz einer zum Schloss weisenden und den Torweg begleitenden Wehrmauer (Abb. s. Lötzsch 1995, S. 38). Zwei Wappensteine in der Durchfahrt mit dem Doppelwappen Rodenstein und Geiling links und Boineburg und Schelm von Bergen rechts, 1595 bezeichnet.
Das Schloss beziehungsweise die Burg ist eine quadratische, vierflügelige Anlage aus drei- bis viergeschossigen Flügelbauten. Die seitlichen Flügel laufen von Außenseite zu Außenseite durch, Tor- und Südflügel sind dazwischengesetzt (zur Vereinfachung bezeichnen wir im Folgenden den Torflügel als Nordflügel, tatsächlich weist er nach Nordwest. Diese Vereinfachungen nahmen bereits Haake und Arens vor). Die gesamte Außenmauer sowie die Bausubstanz des Westflügels sind dem späten 12. Jh. zuzurechnen. Hierzu ist auf die gründlichen Untersuchungen von Walter Haake (Arens 1976/77) sowie neuerliche Untersuchungen des Landesamtes für Denkmalpflege anlässlich der jüngsten Restaurierung des Bauwerkes (1999/2000) zu verweisen. Der Westflügel war der romanische Wohn- und Saalbau, sein Giebel lag knapp unter der heutigen Giebellinie, der romanische Nordgiebel ist im Dach sichtbar. Er wurde durch den runden Wendeltreppenturm vom Hof her erschlossen. Weitere Nebengebäude sind nicht erhalten. Ergraben wurde von Walter Haake ein quadratischer Bergfried, der um 1570 noch bestanden hat (Vogelschauzeichnung von etwa 1570, vgl. Herchenröder, KDM, 1940, S. 13) und nicht vor dem 17. Jh. abgebrochen wurde.
Die Nordseite ist aufgrund von Umbauten besonders unregelmäßig. Die Durchfahrt ist nahe an den Ostflügel herangerückt, größere Teile des Backsteinmauerwerks sind stauferzeitlich (vgl. Haake/Arens, S. 53). Fachwerkaufstockung und Dachwerke gehören teilweise erst dem 17. und 18. Jh. an. Westlich von der Durchfahrt befindet sich im 1. Obergeschoss auf der Außenseite ein Erker auf drei profilierten Konsolen. Auf der Hofseite setzt sich der Nordflügel aus dem schmalen östlichen Bauteil mit Tordurchfahrt, darüber einem massiven Geschoss und zwei Fachwerkstockwerken, und einem westlichen Teil von größerer Tiefe und drei Stockwerken, nur das oberste aus Fachwerk, zusammen. Im Winkel zum Westflügel steht ein polygonaler Treppenturm. Dem 16. Jh. gehören der Erker auf geschwungenen Konsolen hofseits am westlichen Teil sowie die Fenster an. Der Treppenturm verstellt ein frühgotisches Biforienfenster, das auf die Lage der früheren Burgkapelle verweist: Der massive Bauteil ist jüngstenfalls spätmittelalterlich. Von den Fachwerkaufbauten ist das untere Stockwerk über dem schmaleren Bauteil spätmittelalterlich (15. Jh.), das jeweils obere Fachwerkgeschoss stammt aus den Jahren um 1688 (d) (Reck, in: Dörr 2002, S. 221 f.).
Der Fachwerkaufbau setzt sich hofseits am Ostflügel in ähnlicher Gestaltung und Dimension fort. Er hat gebogene Streben und Bänder der zweiten Hälfte des 15. Jh. Das Fachwerkgeschoss enthielt einen großen Saal mit einem Vorraum, daher ist es etwas höher als das entsprechende Geschoss des Nordflügels. Mit den spätgotischen Bauteilen einschließlich des runden Treppenturms mittig vor dem Ostflügel verbindet sich die Bauinschrift Philipps I. von 1460 über dem Portal dieses Turms (Philips Grave zu Hanau). Philipp und seine Gemahlin Anna waren die Begründer der Lichtenberger Linie. Auf der Außenseite entspricht der Ostflügel in seiner südlichen Hälfte dem Südflügel, hier findet sich ein Zwerchgiebel entsprechend dem des Südflügels. Nach Süden zeichnet sich im 1. und 2. Obergeschoss die Spur eines Erkers ab.
Der Südflügel hat in allen drei Geschossen Renaissance-Rechteckfenster, es gibt lediglich einen kleinen Zwerchgiebel. Im Erdgeschoss rechteckiger Eingang mit Oberlicht, der zu einem Flur führt und im hofseitigen Treppenturm endet. Ursprünglich war der Südflügel von Giebeln eingefasst, die denen von Schloss Lichtenberg ähnelten (nach einem Gemälde von Tischbein, um 1780). Von dieser Seite her betrachtet, handelt es sich bei Babenhausen also um einen Vertreter des Kastelltyps. Auf der Hofseite steht mittig vor dem Südflügel ein polygonaler Treppenturm mit rechteckigem Portal. Über dem verkröpften Architrav des Treppenturmportals sitzt ein Doppelwappen unter einem Dreiecksgiebel (Philipp IV. von Hanau-Lichtenberg und Eleonore von Fürstenberg-Donaueschingen, letzteres ist ein Adler auf einer Schildfläche über einem Schild mit Feh, d. h. Eichhörnchenfell, vor 1572). Links neben dem Treppenturm ein Rundbogenportal. Zum Hocherdgeschoss führt innerhalb des Treppenturmes ein rechteckiges Portal, dessen Rückseite, zu einem den ganzen Flügel durchstoßenden Flur führend, ähnlich dem Außenportal gegliedert ist; Doppelwappen Hanau-Lichtenberg/Runkel und Wied. Unter dem Doppelwappen steht „Anno Domini 1578“. Eine Inschrift auf dem Gebälk über der Tür benennt „Philipps Grave zu Hanaw und Herr zu Lichtenberg junger DBBJV - Catarina Grevin zu Hanaw und Frau zu Lichtenberg geborene Grevin zu Wied Fraw zu Runckel und Ysenburg“. Es handelt sich also um Philipp V., der in 2. Ehe seit 1572 mit Catharina zu Wied verheiratet war (Europäische Stammtafeln, 1956, Tf. 85).
Am Westflügel gehören die großen gekuppelten Fenster der Renaissancezeit an. Diese sind jedoch bei jüngeren Wiederherstellungen, insbesondere nach 1892, weitgehend ausgetauscht worden. Weitgehend ist aber die Bausubstanz der Stauferzeit erhalten. Im Erdgeschoss der südlichen Hälfte befindet sich eine offene Halle, zum Hof hin aus vier Arkaden, einer Mauerscheibe mit Portal zum Treppenturm und nochmals zwei Arkaden. Sie weist noch die vollständige Balkenlage der Jahre 1188/89 (d) auf. Über der romanischen Halle sitzen zwei mit Renaissancefenstern versehene Massivgeschosse, darüber ein Zwerchgiebel mit Beschlagwerkgliederung. Rechts des romanischen (!) Treppenturmes ist das hochmittelalterliche Gebäude durch einen Vorbau aus dem späten 16. Jh. verstellt, was die Renaissancefenster und die beiden Fachwerk-Zwerchgiebel nahelegen.
Innenräume der Renaissance: Hauptportal des Renaissanceschlosses ist der Treppenturm im Südflügel. In der westlichen Hälfte des Südflügels befindet sich im 1. Obergeschoss ein Saal mit Holzstützen und geometrischer Stuckdecke. Einzelne Räume der Renaissancezeit ließen sich im Westflügel genauer dokumentieren, eine Gesamtrekonstruktion des Grundrisses um 1580 ist derzeit noch nicht möglich. Im Erdgeschoss des südlichen Teils des Ostflügels lag ursprünglich die Burgküche. Im 1. und 2. Obergeschoss befinden sich große segmentbogige Nischen am Südgiebel, mit Gurtbögen vom Raum abgesondert. Es handelt sich um die Spuren eines breiten und hohen Erkers. Die anschließenden Säle dürften sich bis zum Treppenturm des Ostflügels erstreckt haben.
Ein Vogelschaubild sowie ein Lageplan (Herchenröder, KDM Dieburg, 1940, S. 13 u. 31) von etwa 1570 beziehungsweise von 1757 zeigen das Schloss zur Zeit der Renaissance beziehungsweise in der nach anderthalb Jahrhunderten weitgehend erhaltenen Bausubstanz dieser Zeit. Wesentlich ist, dass das Schloss außer durch den heute noch erhaltenen äußeren auch durch einen inneren Ring eingefasst war, der aus vier runden Ecktürmen und verbindenden Mauern bestand, die das Schloss im Abstand von wenigen Metern als schmaler Zwinger umgaben (Pläne von 1789 und 1812, StAD). Außer den zwei regelmäßigen quadratischen Wehranlagen mit Mauern und ehemals auch doppelten Gräben gab es noch einen äußeren Bastionswall, vor dem sich ein weiterer Wassergraben befand. Die Zeichnung von etwa 1570 zeigt das Schloss aus der Vogelperspektive und lässt den damals noch erhaltenen romanischen Bergfried erkennen.
Literatur, Quellen
Vogelschaubild sowie Lageplan von etwa 1570 beziehungsweise von 1757 (Herchenröder, KDM Dieburg, 1940, S. 13 u. S. 31)
Pläne im Staatsarchiv Darmstadt [StAD] von 1789 und etwa 1812, ferner von 1789 im Staatsarchiv Marburg (Karten P II 300/342)
Herchenröder, KDM Dieburg, 1940, S. 10-13 u. 31-36
Arens, Saalhof, 1976/77, S. 31-56 (zu Babenhausen; zitiert weitgehend das Manuskript von Walter Haake)
Dehio, Hessen, 1982, S. 37
Stotz, Babenhausen, 1986
Lötzsch/Wittenberger, Bürger, 1995
Lehmann, Babenhausen, 1999
Mannhardt, Voruntersuchung, 1999
Franz, Burg, 2001
Dörr, Grafen, 2002