Darmstadt-Kranichstein, Jagdschloss Kranichstein: Unterschied zwischen den Versionen

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| Abbildung = 025_SL_01_DAK_1154_32.jpg
| Entstehungszeit = 1572-1579
| Baumaßnahme = nach 1622 Renovierung, <br> 18. Jh. und 1860/74 Umbauten, <br> 1988-96 Restaurierung
| Bauherr = Georg I. von Hessen-Darmstadt
| Eigentümer = Stiftung Hessischer Jägerhof
| Ort = Darmstadt, Kranichstein
| Kreis = Stadt Darmstadt
| X = 118 <!-- WGS84: 8.6975° E -->
| Y = 304 <!-- WGS84: 49.900278° N -->
}}
 
 
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==Bezeichnung, Eigentümer, Kreis==
==Bezeichnung, Eigentümer, Kreis==
Jagdmuseum seit 1917/18, Stiftung hessischer Jägerhof seit 1952, Schlosshotel. Stadt Darmstadt.
Jagdmuseum seit 1917/18, Stiftung Hessischer Jägerhof seit 1952, Schlosshotel. Stadt Darmstadt.


==Bauherr, Grunddaten, Zustand==
==Bauherr, Grunddaten, Zustand==
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==Geschichte==
==Geschichte==
1572 erwirbt Landgraf Georg Cranichstein von Johann von Renstorff, der wohl ein bescheidenes Schlösschen erbaut hatte (Kaufvertrag). Der Abriss dieses Schlösschens wird von Walther mit 1697 abgegeben, von Diehl mit 1579. Weyrauch vermutete 1995, dass das Schlösschen innerhalb des hessischen Lustschlosses enthalten ist.
1572 erwirbt Landgraf Georg Cranichstein das Schloss von Johann von Renstorff, der wohl ein bescheidenes Schlösschen erbaut hatte (Kaufvertrag). Der Abriss dieses Schlösschens wird von Walther mit 1697 angegeben, von Diehl mit 1579. Weyrauch vermutete 1995, dass das Schlösschen innerhalb des hessischen Lustschlosses enthalten ist.


==Baugeschichtliche Bedeutung==
==Baugeschichtliche Bedeutung==
Dreiflügeliger zweigeschossiger Schlossbau um einen nach Süden (genauer: Südwesten, nicht aber Osten, wie Haupt schreibt) offenen Innenhof. In der Mitte des Nordflügels dreiachsiger dreigeschossiger Risalit mit geschweiftem Giebel. In den beiden Winkeln des Hofes quadratische Wendeltreppentürme. Auf der Außenseite in der Mitte das Nordflügels Zwerchgiebel aus einem Vollgeschoss und geschweiftem Giebelabschluss. An der Nordost-Ecke Eckrondell, Obergeschoss polygonal, vorkragend. Geschweifte Giebel am West-Flügel südlich und am Nord-Flügel westlich, aus Viertelkreisvoluten, C- und S-Voluten („Landgrafengiebel”). Etwas einfachere Giebel über den Treppentürmen. Im Erdgeschoss von Hof- und Außenseite kleine rechteckige Fenster, unprofiliert. Im Obergeschoss gekuppelte Zwillingsfenster mit Falz und Kehle, ebenso an den Treppentürmen. Am Ostflügel hofseitig rundbogiges Portal mit Kämpfern, zwischen Sogen und Oberlicht Jahreszahl „1613”.
Dreiflügeliger zweigeschossiger Schlossbau um einen nach Süden (genauer: Südwesten, nicht aber Osten, wie Haupt schreibt) offenen Innenhof. In der Mitte des Nordflügels dreiachsiger dreigeschossiger Risalit mit geschweiftem Giebel. In den beiden Winkeln des Hofes quadratische Wendeltreppentürme. Auf der Außenseite in der Mitte des Nordflügels Zwerchgiebel aus einem Vollgeschoss und geschweiftem Giebelabschluss. An der Nordost-Ecke Eckrondell, Obergeschoss polygonal, vorkragend. Geschweifte Giebel am Westflügel südlich und am Nordflügel westlich, aus Viertelkreisvoluten, C- und S-Voluten (‚Landgrafengiebel‘). Etwas einfachere Giebel über den Treppentürmen. Im Erdgeschoss von Hof- und Außenseite kleine rechteckige Fenster, unprofiliert. Im Obergeschoss gekuppelte Zwillingsfenster mit Falz und Kehle, ebenso an den Treppentürmen. Am Ostflügel hofseitig rundbogiges Portal mit Kämpfern, zwischen Sogen und Oberlicht Jahreszahl 1613.


Der Westflügel war ursprünglich nur zwei Achsen lang, hieran schloss sich ein niedriges Stallgebäude an, das seinerseits länger war als der gegenüberliegende Ostflügel. Alte Zeichnungen und Gemälde zeigen dieses Zustand sowie die früheren Giebelformen (Abb. und Hinweise bei Haupt (BKDM I, S. 254 und II, Abb. 458-459 sowie Siebert, Kranichstein, Schutzumschlag und Abb. S. 10, 20 und 36). Ein Gemälde des Malers Ernst August Schnittspahn (1795-1882) zeigt eine Ansicht des Schlosshofes um 1820, vor dem zweigeschossigen Ausbau des Stallflügels. Eine weitere wichtige Darstellung stammt von Georg Adam Eger (1760, Siebert, S. 10). Danach gab es hofseitig am Nordflügel drei Zwerchgiebel, in der Mitte und über den Treppentürmen in den Hofwinkeln, alle nur eine Fensterachse breit. Am Ostflügel gab es einen entsprechenden Zwerchgiebel in der Mitte und den östlichen Abschlussgiebel, der aber einfacher war, als heute. Dieser Giebel entspricht in seiner Gliederung den auch sonst von den hessischen Landgrafen benutzten Formen (Darmstadt, Marburg, Kassel). Bei den kleinen Zwerchgiebeln wurde dies System entsprechend, doch ohne das obere Giebelgeschoss angewandt.
Der Westflügel war ursprünglich nur zwei Achsen lang, hieran schloss sich ein niedriges Stallgebäude an, das seinerseits länger war als der gegenüberliegende Ostflügel. Alte Zeichnungen und Gemälde zeigen diesen Zustand sowie die früheren Giebelformen (Abb. und Hinweise bei Haupt (BKDM I, S. 254 und II, Abb. 458-459 sowie Siebert, Kranichstein, Schutzumschlag und Abb. S. 10, 20 und 36). Ein Gemälde des Malers Ernst August Schnittspahn (1795-1882) zeigt eine Ansicht des Schlosshofes um 1820, vor dem zweigeschossigen Ausbau des Stallflügels. Eine weitere wichtige Darstellung stammt von Georg Adam Eger (1760, Siebert, S. 10). Danach gab es hofseitig am Nordflügel drei Zwerchgiebel, in der Mitte und über den Treppentürmen in den Hofwinkeln, alle nur eine Fensterachse breit. Am Ostflügel gab es einen entsprechenden Zwerchgiebel in der Mitte und den östlichen Abschlussgiebel, der aber einfacher war als heute. Dieser Giebel entspricht in seiner Gliederung den auch sonst von den hessischen Landgrafen benutzten Formen (Darmstadt, Marburg, Kassel). Bei den kleinen Zwerchgiebeln wurde dieses System entsprechend, doch ohne das obere Giebelgeschoss angewandt.


Der rechte Giebel mit Beschlagwerk und Fächerrosette ist der Substanz nach im 19. Jh. ausgetauscht oder rekonstruiert worden. Nicht überarbeitet ist lediglich der hofseits linke Treppenturmgiebel mit Halbkreisabschluss und Fächerrosette, eine vereinfachte Form des hessischen Landgrafengiebels.   
Der rechte Giebel mit Beschlagwerk und Fächerrosette ist der Substanz nach im 19. Jh. ausgetauscht oder rekonstruiert worden. Nicht überarbeitet ist lediglich der hofseits linke Treppenturmgiebel mit Halbkreisabschluss und Fächerrosette, eine vereinfachte Form des hessischen Landgrafengiebels.   
Das Rondell-Obergeschoss wurde unter Ludwig VIII. (1739-68) angelegt, Erdgeschoss dagegen ursprünglich. Der vordere Teil des West-Flügels unter Ludwig VIII. aufgestockt. Der um 1840 neugotisch hinzugefügte Mittelrisalit am Nordflügel wurde unter Großherzog Ludwig III. 1874 (bez.) erhöht und erhielt einen neuen Giebel, Baumeister Ludwig Weyland (Siebert, S. 25). Süd-Giebel am Ost-Flügel neu.
Das Rondell-Obergeschoss wurde unter Ludwig VIII. (1739-68) angelegt, Erdgeschoss dagegen ursprünglich. Der vordere Teil des Westflügels unter Ludwig VIII. aufgestockt. Der um 1840 neugotisch hinzugefügte Mittelrisalit am Nordflügel wurde unter Großherzog Ludwig III. 1874 (bezeichnet) erhöht und erhielt einen neuen Giebel, Baumeister war Ludwig Weyland (Siebert, S. 25). Südgiebel am Ostflügel neu.


Die Vermutung Weyrauchs, dass der Keller im nördlichen Teil des Westflügels von dem Vorgängerbau stammt ist plausibel, möglicherweise gehören auch noch Reste des aufgehenden Mauerwerks dazu. Angesichts einer fehlenden baugeschichtlichen Untersuchung bei der jüngsten Sanierung wird sich diese Frage nicht klären lassen. Rosenstock (1996) behauptet zwar, die Bauforschung habe ergeben, dass zu „Beginn der Schlossbaumassnahmen (1577) der dreiflügelige Grundriss, de baugeschichtlich der sog. Weserrenaissance zugeschrieben wird, schon als Bestand der alten Ökonomiegebäude vorhanden (sei). Das beweisen alte Putzreste und die Tatsache, dass alle Sandsteingewänder [sic!] der Schlossfenster in das Rundbogenstützwerk der Außenmauern zwischen den Jahren 1577 und 1580 mit Gefügezerstörungen eingeschnitten sind.“ Das Fehlen jeglicher Belege wie Abbildungen, Bauaufnahmen usw. und die erkennbare Unkenntnis des Autors erwecken jedoch erhebliche Zweifel an der Aussage. Über die Beobachtungen von Weyrauch hinaus gibt es somit keine gesicherten Anhaltspunkte für ältere Bauteile.
Die Vermutung Weyrauchs, dass der Keller im nördlichen Teil des Westflügels vom Vorgängerbau stammt ist plausibel, möglicherweise gehören auch noch Reste des aufgehenden Mauerwerks dazu. Angesichts einer fehlenden baugeschichtlichen Untersuchung bei der jüngsten Sanierung wird sich diese Frage nicht klären lassen. Rosenstock (1996) behauptet zwar, die Bauforschung habe ergeben, dass zu „Beginn der Schlossbaumassnahmen (1577) der dreiflügelige Grundriss, de baugeschichtlich der sog. Weserrenaissance zugeschrieben wird, schon als Bestand der alten Ökonomiegebäude vorhanden (sei). Das beweisen alte Putzreste und die Tatsache, dass alle Sandsteingewänder [sic!] der Schlossfenster in das Rundbogenstützwerk der Außenmauern zwischen den Jahren 1577 und 1580 mit Gefügezerstörungen eingeschnitten sind.“ Das Fehlen jeglicher Belege wie Abbildungen, Bauaufnahmen usw. und die erkennbare Unkenntnis des Autors erwecken jedoch erhebliche Zweifel an der Aussage. Über die Beobachtungen von Weyrauch hinaus gibt es somit keine gesicherten Anhaltspunkte für ältere Bauteile.


Schlosskapelle und Innenräume Im Erdgeschoss der Seitenflügel des Schlosses bis auf die zwei südlichen Achsen des Ostflügels Stallungen, dort war die zweigeschossig Kapelle. 1580 in Gebrauch genommen (Haupt, BKDM, S. 256). Stuckdecke unter Georg II., aus neun quadratischen Feldern mit Rollwerk, Voluten und Engelsköpfen, um 1630. Altar an der Ostseite, darüber Kreuzigung gemalt, Eingang an der West-Seite. An den Seiten Emporen, an der lk. Seite nur zur Hälfte, wohl 18. Jh. (Haupt, BKDM, S. 256). Die Gemälde zeigen Leben und Passion Christi und Altes Testament. Im Obergeschoss Zimmer von ein oder zwei Achsen Breite, in beiden Geschossen hofseitige Flure.
Schlosskapelle und Innenräume. Im Erdgeschoss der Seitenflügel des Schlosses bis auf die zwei südlichen Achsen des Ostflügels Stallungen, dort war die zweigeschossige Kapelle. 1580 in Gebrauch genommen (Haupt, BKDM, S. 256). Stuckdecke unter Georg II., aus neun quadratischen Feldern mit Rollwerk, Voluten und Engelsköpfen, um 1630. Altar an der Ostseite, darüber Kreuzigung gemalt, Eingang an der Westseite. An den Seiten Emporen, an der linken Seite nur zur Hälfte, wohl 18. Jh. (Haupt, BKDM, S. 256). Die Gemälde zeigen Leben und Passion Christi und Altes Testament. Im Obergeschoss Zimmer von ein oder zwei Achsen Breite, in beiden Geschossen hofseitige Flure.


==Würdigung==
==Würdigung==
Es handelt sich um eine besonders frühe Dreiflügelanlage mit einem offenen Innenhof., als Jagdschloss ohne einen nach außen wirkenden Repräsentationsanspruch gebaut, vornehmlich zur bequemen Jagd gedacht. Leider ist bei der jüngsten Sanierung das Fehlen einer seriösen wissenschaftlichen Bauuntersuchung zu kritisieren. Die weitgehende Zerstörung des historischen Innenausbaues wird weitere Untersuchungen nicht mehr ermöglichen.
Es handelt sich um eine besonders frühe Dreiflügelanlage mit einem offenen Innenhof, als Jagdschloss ohne einen nach außen wirkenden Repräsentationsanspruch gebaut, vornehmlich zur bequemen Jagd gedacht. Leider ist bei der jüngsten Sanierung das Fehlen einer seriösen wissenschaftlichen Bauuntersuchung zu kritisieren. Die weitgehende Zerstörung des historischen Innenausbaues wird weitere Untersuchungen nicht mehr ermöglichen.


==Literatur, Quellen==
==Literatur, Quellen==

Aktuelle Version vom 4. September 2013, 10:56 Uhr

Infobox
025 SL 01 DAK 1154 32.jpg
Entstehungszeit: 1572-1579
Baumaßnahme: nach 1622 Renovierung,
18. Jh. und 1860/74 Umbauten,
1988-96 Restaurierung
Bauherr: Georg I. von Hessen-Darmstadt
Eigentümer: Stiftung Hessischer Jägerhof
Ort: Darmstadt, Kranichstein
Kreis: Stadt Darmstadt
Markierung
Hessenmap.png


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Bezeichnung, Eigentümer, Kreis

Jagdmuseum seit 1917/18, Stiftung Hessischer Jägerhof seit 1952, Schlosshotel. Stadt Darmstadt.

Bauherr, Grunddaten, Zustand

1572 bis 1579 für Georg I. von Hessen-Darmstadt erbaut, die Pläne aufgrund einer Visierung von 1579 Jakob Kesselhut zugeschrieben (Haupt, BKDM Darmstadt, 1952, S. 256). 1622 Schloss „verwüstet“ (Haupt, BKDM, S. 253), anschließend Renovierung; Umbauten im 18. Jh. sowie 1860/74. 1988-96 Restaurierung.

Geschichte

1572 erwirbt Landgraf Georg Cranichstein das Schloss von Johann von Renstorff, der wohl ein bescheidenes Schlösschen erbaut hatte (Kaufvertrag). Der Abriss dieses Schlösschens wird von Walther mit 1697 angegeben, von Diehl mit 1579. Weyrauch vermutete 1995, dass das Schlösschen innerhalb des hessischen Lustschlosses enthalten ist.

Baugeschichtliche Bedeutung

Dreiflügeliger zweigeschossiger Schlossbau um einen nach Süden (genauer: Südwesten, nicht aber Osten, wie Haupt schreibt) offenen Innenhof. In der Mitte des Nordflügels dreiachsiger dreigeschossiger Risalit mit geschweiftem Giebel. In den beiden Winkeln des Hofes quadratische Wendeltreppentürme. Auf der Außenseite in der Mitte des Nordflügels Zwerchgiebel aus einem Vollgeschoss und geschweiftem Giebelabschluss. An der Nordost-Ecke Eckrondell, Obergeschoss polygonal, vorkragend. Geschweifte Giebel am Westflügel südlich und am Nordflügel westlich, aus Viertelkreisvoluten, C- und S-Voluten (‚Landgrafengiebel‘). Etwas einfachere Giebel über den Treppentürmen. Im Erdgeschoss von Hof- und Außenseite kleine rechteckige Fenster, unprofiliert. Im Obergeschoss gekuppelte Zwillingsfenster mit Falz und Kehle, ebenso an den Treppentürmen. Am Ostflügel hofseitig rundbogiges Portal mit Kämpfern, zwischen Sogen und Oberlicht Jahreszahl 1613.

Der Westflügel war ursprünglich nur zwei Achsen lang, hieran schloss sich ein niedriges Stallgebäude an, das seinerseits länger war als der gegenüberliegende Ostflügel. Alte Zeichnungen und Gemälde zeigen diesen Zustand sowie die früheren Giebelformen (Abb. und Hinweise bei Haupt (BKDM I, S. 254 und II, Abb. 458-459 sowie Siebert, Kranichstein, Schutzumschlag und Abb. S. 10, 20 und 36). Ein Gemälde des Malers Ernst August Schnittspahn (1795-1882) zeigt eine Ansicht des Schlosshofes um 1820, vor dem zweigeschossigen Ausbau des Stallflügels. Eine weitere wichtige Darstellung stammt von Georg Adam Eger (1760, Siebert, S. 10). Danach gab es hofseitig am Nordflügel drei Zwerchgiebel, in der Mitte und über den Treppentürmen in den Hofwinkeln, alle nur eine Fensterachse breit. Am Ostflügel gab es einen entsprechenden Zwerchgiebel in der Mitte und den östlichen Abschlussgiebel, der aber einfacher war als heute. Dieser Giebel entspricht in seiner Gliederung den auch sonst von den hessischen Landgrafen benutzten Formen (Darmstadt, Marburg, Kassel). Bei den kleinen Zwerchgiebeln wurde dieses System entsprechend, doch ohne das obere Giebelgeschoss angewandt.

Der rechte Giebel mit Beschlagwerk und Fächerrosette ist der Substanz nach im 19. Jh. ausgetauscht oder rekonstruiert worden. Nicht überarbeitet ist lediglich der hofseits linke Treppenturmgiebel mit Halbkreisabschluss und Fächerrosette, eine vereinfachte Form des hessischen Landgrafengiebels. Das Rondell-Obergeschoss wurde unter Ludwig VIII. (1739-68) angelegt, Erdgeschoss dagegen ursprünglich. Der vordere Teil des Westflügels unter Ludwig VIII. aufgestockt. Der um 1840 neugotisch hinzugefügte Mittelrisalit am Nordflügel wurde unter Großherzog Ludwig III. 1874 (bezeichnet) erhöht und erhielt einen neuen Giebel, Baumeister war Ludwig Weyland (Siebert, S. 25). Südgiebel am Ostflügel neu.

Die Vermutung Weyrauchs, dass der Keller im nördlichen Teil des Westflügels vom Vorgängerbau stammt ist plausibel, möglicherweise gehören auch noch Reste des aufgehenden Mauerwerks dazu. Angesichts einer fehlenden baugeschichtlichen Untersuchung bei der jüngsten Sanierung wird sich diese Frage nicht klären lassen. Rosenstock (1996) behauptet zwar, die Bauforschung habe ergeben, dass zu „Beginn der Schlossbaumassnahmen (1577) der dreiflügelige Grundriss, de baugeschichtlich der sog. Weserrenaissance zugeschrieben wird, schon als Bestand der alten Ökonomiegebäude vorhanden (sei). Das beweisen alte Putzreste und die Tatsache, dass alle Sandsteingewänder [sic!] der Schlossfenster in das Rundbogenstützwerk der Außenmauern zwischen den Jahren 1577 und 1580 mit Gefügezerstörungen eingeschnitten sind.“ Das Fehlen jeglicher Belege wie Abbildungen, Bauaufnahmen usw. und die erkennbare Unkenntnis des Autors erwecken jedoch erhebliche Zweifel an der Aussage. Über die Beobachtungen von Weyrauch hinaus gibt es somit keine gesicherten Anhaltspunkte für ältere Bauteile.

Schlosskapelle und Innenräume. Im Erdgeschoss der Seitenflügel des Schlosses bis auf die zwei südlichen Achsen des Ostflügels Stallungen, dort war die zweigeschossige Kapelle. 1580 in Gebrauch genommen (Haupt, BKDM, S. 256). Stuckdecke unter Georg II., aus neun quadratischen Feldern mit Rollwerk, Voluten und Engelsköpfen, um 1630. Altar an der Ostseite, darüber Kreuzigung gemalt, Eingang an der Westseite. An den Seiten Emporen, an der linken Seite nur zur Hälfte, wohl 18. Jh. (Haupt, BKDM, S. 256). Die Gemälde zeigen Leben und Passion Christi und Altes Testament. Im Obergeschoss Zimmer von ein oder zwei Achsen Breite, in beiden Geschossen hofseitige Flure.

Würdigung

Es handelt sich um eine besonders frühe Dreiflügelanlage mit einem offenen Innenhof, als Jagdschloss ohne einen nach außen wirkenden Repräsentationsanspruch gebaut, vornehmlich zur bequemen Jagd gedacht. Leider ist bei der jüngsten Sanierung das Fehlen einer seriösen wissenschaftlichen Bauuntersuchung zu kritisieren. Die weitgehende Zerstörung des historischen Innenausbaues wird weitere Untersuchungen nicht mehr ermöglichen.

Literatur, Quellen

Akten der Güterverwaltung des Großherzoglichen Hauses (lt. Haupt, BKDM)

Walther, Philipp, 1867

Haupt, BKDM Darmstadt, 1952, S. 253-256 (mit durchgehend falschen Angaben zu den Himmelsrichtungen)

Siebert, Kranichstein, 1969

Siebert, Jagd, 1972

Weyrauch, Renaissance, 1995, S. 243-264 (mit Literatur- u. Quellenübersicht)

Rosenstock, Kranichstein, 1996

Reepen, Kranichstein, 2002