Erbach, Schloss, Archivbau: Unterschied zwischen den Versionen
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==Geschichte== | ==Geschichte== | ||
Herren, seit 1532 Grafen zu Erbach. 1569 unter Graf Georg III. Vereinigung der Erbachschen Besitzungen | Herren, seit 1532 Grafen zu Erbach. 1569 unter Graf Georg III. Vereinigung der Erbachschen Besitzungen einschließlich Breuberg. | ||
==Baugeschichtliche Bedeutung== | ==Baugeschichtliche Bedeutung== | ||
Die Burg | Die Burg beziehungsweise das Schloss setzt sich aus einem Hauptflügel mit hofseitigem großen Turm sowie einer an diesen Hauptbau anschließenden und ihn im Halbkreis einfassenden ‚Vorburg‘ zusammen. | ||
In die Vorburg führt der Torbau (zugleich Archivbau, ursprünglich Kanzleibau) | In die Vorburg führt der Torbau (zugleich Archivbau, ursprünglich Kanzleibau) mit einer Tordurchfahrt vom Vorplatz aus hinein. Das Torhaus ist zweigeschossig und hat zwei geschweifte Giebel an den Seiten, der linke durch den heutigen Schlossbau verstellt. Die rundbogige Tordurchfahrt sitzt etwas außerhalb der Mitte. Der Torbogen ist von einem vertieften Spiegel mit drei Rosetten eingefasst, vertiefte Spiegel finden sich auch an der Laibung. Über dem Tor sitzt ein von zwei weiblichen Allegorien, die linke mit Schwert, die rechte mit Taube, gehaltenes Wappen, bezeichnet „Georg Grave zu Erpach und Herr zu Breuberg“, darunter die Jahreszahl 1571. | ||
Zwillingsfenster über dem Tor, wenn auch nicht streng axial, ein Drillingsfenster, alle mit Karnies profiliert, das Profil endet in einer Volute. In der Tordurchfahrt Tonnengewölbe sowie nach rechts bei Türöffnungen ein Fenster, rechteckig mit Fase, zur ehemaligen Wächterstube. Hofseits hinter der Durchfahrt rechts der Treppenturm mit rundbogigem Portal, zeitgleich mit dem Torhaus, gleiche Steinmetzzeichen. Hofseits befindet sich über der Tordurchfahrt ein Doppelwappen von zwei Putten gehalten, mit der Beschriftung „Georg Grave zu Erpach und Herr zu Breuberg, ANO DNI MDLXXXXIII“ (1593). | Zwillingsfenster über dem Tor, wenn auch nicht streng axial, ein Drillingsfenster, alle mit Karnies profiliert, das Profil endet in einer Volute. In der Tordurchfahrt Tonnengewölbe sowie nach rechts bei Türöffnungen ein Fenster, rechteckig mit Fase, zur ehemaligen Wächterstube. Hofseits hinter der Durchfahrt rechts der Treppenturm mit rundbogigem Portal, zeitgleich mit dem Torhaus, gleiche Steinmetzzeichen. Hofseits befindet sich über der Tordurchfahrt ein Doppelwappen von zwei Putten gehalten, mit der Beschriftung „Georg Grave zu Erpach und Herr zu Breuberg, ANO DNI MDLXXXXIII“ (1593). | ||
In der Vorburg gegenüber dem Torhaus an der Westseite dreigeschossiges (Alter Bau, 1550 unter Graf Eberhard XIV.; Wappen Erbach / Rheingraf) und im rechten Winkel anschließend zweigeschossiges Renaissancegebäude (Kanzleibau (ursprünglich Kornhaus), mit großer Halle im Erdgeschoss, wurde 1540 errichtet (Allianzwappen Erbach / Rheingraf). Daran anschließend ein zweigeschossiges langes Gebäude, das | In der Vorburg gegenüber dem Torhaus an der Westseite dreigeschossiges (Alter Bau, 1550 unter Graf Eberhard XIV.; Wappen Erbach / Rheingraf) und im rechten Winkel anschließend zweigeschossiges Renaissancegebäude (Kanzleibau (ursprünglich Kornhaus), mit großer Halle im Erdgeschoss, wurde 1540 errichtet (Allianzwappen Erbach / Rheingraf)). Daran anschließend ein zweigeschossiges, langes Gebäude, das nahe an das Torhaus heranreicht, Fachwerk, 2. Hälfte 16. Jh., im erneuerten mittleren Zwerchgiebel ein erneuertes Wappen. Das dreigeschossige Gebäude ist die gräfliche Rentkammer (Forstamt), mit einem aufwendigen Doppelwappen im mittleren Geschoss versehen (efeuumrankt, etwaige Inschrift nicht festzustellen). Der Treppenaufgang und die Tür im 1. Obergeschoss sind historistische Einbauten, im Kern gehört das Gebäude jedoch dem späten 16. Jh. an. Offenbar ist der Vorgängerbau 1893 abgebrannt und der heutige Bau 1893 unter Verwendung alter Mauern erstellt worden. Das zweigeschossige ‚Renaissancegebäude‘ im rechten Winkel ist ein historistischer Bau, bezeichnet „GEORG ALBRECHT COMES ERBACENSIS RENOVAVIT ANNO DOMINI MDCCCLXXXIV“. Es handelt sich also um den weitgehenden Neubau von 1894, der möglicherweise Teile von 1550 enthält, zumindest ist das Doppelwappen über dem Portal ein Stein von 1550. Die übrigen Steinmetzdetails wirken jedoch historistisch, die Giebel als Kopie der Renaissancezeit. Das Wappen entspricht dem an der Rentkammer genannten, auch dieses dürfte um 1550 entstanden sein. | ||
An die Stelle der Kernburg trat 1736 ein barocker Schlossbau. Nur der Bergfried ist bis zu den erhaltenen Zinnen noch mittelalterlich, da er als Treppenturm genutzt werden konnte. Sein oberstes Stockwerk wurde 1497 aufgesetzt und mit kleinen Zwerchhäusern mit Treppengiebeln sowie einem umlaufenden Kranz von Schießscharten für Hakenbüchsen ausgestattet. | An die Stelle der Kernburg trat 1736 ein barocker Schlossbau. Nur der Bergfried ist bis zu den erhaltenen Zinnen noch mittelalterlich, da er als Treppenturm genutzt werden konnte. Sein oberstes Stockwerk wurde 1497 aufgesetzt und mit kleinen Zwerchhäusern mit Treppengiebeln sowie einem umlaufenden Kranz von Schießscharten für Hakenbüchsen ausgestattet. | ||
Das Hauptgebäude ist ein dreigeschossiger Barockbau, hofseits mit breitem Portal, dort bezeichnet: „DIESES SCHLOß ERBAUTE MIT GOTT GEORG WILHELM GRAF ZU ERBACH UND HERR ZU BREUBERG“ und darunter, direkt über dem Portal „GEORG ALBRECHT GRAF ZU ERBACH, HERZOG BREUBERG HAT DAS WERK DES AHNHERRN ARCHITECTONISCH VOLLENDET A.D. MDCCCCII“. Dekorationsteile (z.B. Pilaster aus Blech) entstammen vermutlich dem Umbaujahr 1902. Etwa mittig wird auf der Hofseite die Fassade durch den Bergfried geteilt, der das Schloss weit überragt und weitgehend aus äußerst sorgfältigen Buckelquadern gemauert ist. Links (östlich) des Bergfrieds hat das Schloss ein großes Segmentbogentor mit abgefastem Gewände, vermutlich noch aus dem 17. Jh. Links des Bergfrieds hat zehn Fensterachsen, davon nimmt das Segmentbogentor die anderthalb rechten Fensterachsen ein und das | Das Hauptgebäude ist ein dreigeschossiger Barockbau, hofseits mit breitem Portal, dort bezeichnet: „DIESES SCHLOß ERBAUTE MIT GOTT GEORG WILHELM GRAF ZU ERBACH UND HERR ZU BREUBERG“ und darunter, direkt über dem Portal: „GEORG ALBRECHT GRAF ZU ERBACH, HERZOG BREUBERG HAT DAS WERK DES AHNHERRN ARCHITECTONISCH VOLLENDET A.D. MDCCCCII“. Dekorationsteile (z. B. Pilaster aus Blech) entstammen vermutlich dem Umbaujahr 1902. Etwa mittig wird auf der Hofseite die Fassade durch den Bergfried geteilt, der das Schloss weit überragt und weitgehend aus äußerst sorgfältigen Buckelquadern gemauert ist. Links (östlich) des Bergfrieds hat das Schloss ein großes Segmentbogentor mit abgefastem Gewände, vermutlich noch aus dem 17. Jh. Links des Bergfrieds hat es zehn Fensterachsen, davon nimmt das Segmentbogentor die anderthalb rechten Fensterachsen ein und das doppelflügelige Portal die beiden mittleren Fensterachsen. Die Kellerfenster rechts des Portals nur mit Falz, die vier Kellerfenster links des Haupteingangs haben ein Kehlenprofil der Spätrenaissance. Vielleicht haben wir es hier noch mit einem Bauteil der Zeit um 1600 zu tun. | ||
==Würdigung== | ==Würdigung== |
Version vom 9. Juli 2013, 16:04 Uhr
Bezeichnung, Eigentümer, Kreis
Grafen zu Erbach-Erbach. Odenwaldkreis.
Bauherr, Grunddaten, Zustand
Bauten der Vorburg 16. Jh., Grafen zu Erbach, namentlich Eberhard XIII. (reg. 1532-39), Eberhard XIV. (1539-64) und Georg III. (1564-1605).
Geschichte
Herren, seit 1532 Grafen zu Erbach. 1569 unter Graf Georg III. Vereinigung der Erbachschen Besitzungen einschließlich Breuberg.
Baugeschichtliche Bedeutung
Die Burg beziehungsweise das Schloss setzt sich aus einem Hauptflügel mit hofseitigem großen Turm sowie einer an diesen Hauptbau anschließenden und ihn im Halbkreis einfassenden ‚Vorburg‘ zusammen. In die Vorburg führt der Torbau (zugleich Archivbau, ursprünglich Kanzleibau) mit einer Tordurchfahrt vom Vorplatz aus hinein. Das Torhaus ist zweigeschossig und hat zwei geschweifte Giebel an den Seiten, der linke durch den heutigen Schlossbau verstellt. Die rundbogige Tordurchfahrt sitzt etwas außerhalb der Mitte. Der Torbogen ist von einem vertieften Spiegel mit drei Rosetten eingefasst, vertiefte Spiegel finden sich auch an der Laibung. Über dem Tor sitzt ein von zwei weiblichen Allegorien, die linke mit Schwert, die rechte mit Taube, gehaltenes Wappen, bezeichnet „Georg Grave zu Erpach und Herr zu Breuberg“, darunter die Jahreszahl 1571.
Zwillingsfenster über dem Tor, wenn auch nicht streng axial, ein Drillingsfenster, alle mit Karnies profiliert, das Profil endet in einer Volute. In der Tordurchfahrt Tonnengewölbe sowie nach rechts bei Türöffnungen ein Fenster, rechteckig mit Fase, zur ehemaligen Wächterstube. Hofseits hinter der Durchfahrt rechts der Treppenturm mit rundbogigem Portal, zeitgleich mit dem Torhaus, gleiche Steinmetzzeichen. Hofseits befindet sich über der Tordurchfahrt ein Doppelwappen von zwei Putten gehalten, mit der Beschriftung „Georg Grave zu Erpach und Herr zu Breuberg, ANO DNI MDLXXXXIII“ (1593).
In der Vorburg gegenüber dem Torhaus an der Westseite dreigeschossiges (Alter Bau, 1550 unter Graf Eberhard XIV.; Wappen Erbach / Rheingraf) und im rechten Winkel anschließend zweigeschossiges Renaissancegebäude (Kanzleibau (ursprünglich Kornhaus), mit großer Halle im Erdgeschoss, wurde 1540 errichtet (Allianzwappen Erbach / Rheingraf)). Daran anschließend ein zweigeschossiges, langes Gebäude, das nahe an das Torhaus heranreicht, Fachwerk, 2. Hälfte 16. Jh., im erneuerten mittleren Zwerchgiebel ein erneuertes Wappen. Das dreigeschossige Gebäude ist die gräfliche Rentkammer (Forstamt), mit einem aufwendigen Doppelwappen im mittleren Geschoss versehen (efeuumrankt, etwaige Inschrift nicht festzustellen). Der Treppenaufgang und die Tür im 1. Obergeschoss sind historistische Einbauten, im Kern gehört das Gebäude jedoch dem späten 16. Jh. an. Offenbar ist der Vorgängerbau 1893 abgebrannt und der heutige Bau 1893 unter Verwendung alter Mauern erstellt worden. Das zweigeschossige ‚Renaissancegebäude‘ im rechten Winkel ist ein historistischer Bau, bezeichnet „GEORG ALBRECHT COMES ERBACENSIS RENOVAVIT ANNO DOMINI MDCCCLXXXIV“. Es handelt sich also um den weitgehenden Neubau von 1894, der möglicherweise Teile von 1550 enthält, zumindest ist das Doppelwappen über dem Portal ein Stein von 1550. Die übrigen Steinmetzdetails wirken jedoch historistisch, die Giebel als Kopie der Renaissancezeit. Das Wappen entspricht dem an der Rentkammer genannten, auch dieses dürfte um 1550 entstanden sein.
An die Stelle der Kernburg trat 1736 ein barocker Schlossbau. Nur der Bergfried ist bis zu den erhaltenen Zinnen noch mittelalterlich, da er als Treppenturm genutzt werden konnte. Sein oberstes Stockwerk wurde 1497 aufgesetzt und mit kleinen Zwerchhäusern mit Treppengiebeln sowie einem umlaufenden Kranz von Schießscharten für Hakenbüchsen ausgestattet.
Das Hauptgebäude ist ein dreigeschossiger Barockbau, hofseits mit breitem Portal, dort bezeichnet: „DIESES SCHLOß ERBAUTE MIT GOTT GEORG WILHELM GRAF ZU ERBACH UND HERR ZU BREUBERG“ und darunter, direkt über dem Portal: „GEORG ALBRECHT GRAF ZU ERBACH, HERZOG BREUBERG HAT DAS WERK DES AHNHERRN ARCHITECTONISCH VOLLENDET A.D. MDCCCCII“. Dekorationsteile (z. B. Pilaster aus Blech) entstammen vermutlich dem Umbaujahr 1902. Etwa mittig wird auf der Hofseite die Fassade durch den Bergfried geteilt, der das Schloss weit überragt und weitgehend aus äußerst sorgfältigen Buckelquadern gemauert ist. Links (östlich) des Bergfrieds hat das Schloss ein großes Segmentbogentor mit abgefastem Gewände, vermutlich noch aus dem 17. Jh. Links des Bergfrieds hat es zehn Fensterachsen, davon nimmt das Segmentbogentor die anderthalb rechten Fensterachsen ein und das doppelflügelige Portal die beiden mittleren Fensterachsen. Die Kellerfenster rechts des Portals nur mit Falz, die vier Kellerfenster links des Haupteingangs haben ein Kehlenprofil der Spätrenaissance. Vielleicht haben wir es hier noch mit einem Bauteil der Zeit um 1600 zu tun.
Würdigung
Die Bedeutung des Schlosses zur Renaissancezeit ist nur durch das erwähnte Gemälde zu erschließen, da nur noch die Nebengebäude erhalten sind und auch diese weitgehend historistisch erneuert.
Literatur, Quellen
Gemälde mit Darstellung des Kroatenangriffs 1632 (Sattler, S. 11, Wagenknecht, S. 68)
Schaefer, KDM Erbach, 1891, S. 49-55
Dehio, Hessen, 1982, S. 208
Wagenknecht, Erbach, 1995, S. 66-75
Bartmann/Sattler, Erbach, 2000
Biller, Odenwald, 2005, S. 170-174