Büdingen, Schloss: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 29. August 2013, 15:38 Uhr

Infobox
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Entstehungszeit: 12. Jh., 1130 Erstnennung
Baumaßnahme: um 1200, spätes 15. bis spätes 17. Jh. Ausbau
Bauherr: Grafen zu Ysenburg
Eigentümer: Fürst zu Ysenburg-Büdingen
Ort: Büdingen
Kreis: Wetteraukreis
Markierung
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Bezeichnung, Eigentümer, Kreis

Schloss Büdingen. Fürst zu Ysenburg-Büdingen. Wetteraukreis.

Bauherr, Grunddaten, Zustand

Bauherr Grafen zu Ysenburg, Ausbau der Burg in der Zeit um 1200 in mehreren Abschnitten vom späten 15. bis zum späten 17. Jh.

Geschichte

1327 geht die um 1130 erstmals genannte Burg vollständig in den Besitz der Ysenburger über. Auf Ludwig II. (reg. 1461-1511) als alleinigen Schlossherren folgen die Ysenburger Landesteilung 1517 und die Schlossteilung 1529. Bis 1601 bauen die zwei Linien Ysenburg-Ronneburg und Isenburg-Birstein die Burg getrennt aus, nur die Kapelle wird fortan gemeinsam genutzt. Erst Wolfgang Ernst wurde 1601 wieder Gesamterbe der Grafschaft, er nahm Baumaßnahmen sowohl in Büdingen als auch in Ronneburg vor. Der Dreißigjährige Krieg hatte eine schwere Plünderung durch kaiserliche Truppen 1634 zur Folge, zu wesentlichen Zerstörungen kam es jedoch nicht.

Baugeschichtliche Bedeutung

Annähernd kreisförmige stauferzeitliche Kernburg und hufeisenförmige Vorburg westlich davon. Die Vorburg hat das Haupttor im Süden und eine zweite Zufahrt im Norden. Der südliche Torbau (Wachtbau) hat einen geknickten Grundriss. Weitgehend gehört er der archivalisch überlieferten Bauphase von 1486 an (Decker), die erneuerten Teile und insbesondere die äußeren Torbögen sowie die Erker entstanden bis gegen 1533. Der Wachtbau hat eine seitliche Durchfahrt und hofseits einen seitlichen runden Treppenturm mit achteckigem Aufsatz. Über der Durchfahrt sitzen innen und außen Erker, auf der Außenseite 1533 datiert. Es gibt Kreuzstockfenster, von denen eines ein gestäbtes spätgotisches Portalgewände überschneidet. An der Außenseite findet sich ein zweiter Erker auf vier abgetreppten Konsolen. Die Vorburg hat an der Außenseite gedeckte Schießscharten, die vom späten 15. bis zum mittleren 16. Jh. vorkommen.

Die Tordurchfahrt ist zweijochig. Das äußere Tor von 1533 hatte eine Zugbrücke, von ihr sind der vor das Tor gezogene Anschlag und Reste der Windenvorrichtung noch erhalten. In der Mauer zum Wachtbau fällt ein steinerner Schiebeladen auf, hinter dem ein Schacht mündet. Das spitzbogige Zwischentor ist das ursprüngliche Haupttor innerhalb des Vorburgberings aus dem 14. Jh., es hatte seine Torflügel ursprünglich innen. Die Durchfahrt ist somit deutlich älter als der übrige Wachtbau. Hofseitig findet sich ein runder Treppenturm, dessen Portalgewände Stabwerk aufweist, an der nordwestlichen Ecke des Gebäudes. Im Obergeschoss des Torhauses heute Eisengussofen mit Kachelaufsatz von 1536 (Kacheln von Conrad Büttner, vielleicht 1601), ein zweiter Ofen ist 1609 datiert.

Der klassizistische Neue Bau von 1836 im Norden der Vorburg ersetzt ein älteres Gebäude. Von diesem ist ein rückwärtiger schmaler Teil mit einer Ausfallpforte in einer rechteckigen Nische für eine Zugbrücke erhalten (letztes Viertel 15. Jh.). Der Verbindungsbau zwischen diesem Teil der Vorburg und der Kernburg wurde dem Bruchsteinmauerwerk nach im 16. oder spätestens 17. Jh. nachträglich eingefügt und zeigt mehrere Entlastungsbögen für den ursprünglichen Graben. Die Ringmauer der Vorburg hat nach außen gedeckte Schießscharten aus dem späten 15. und 16. Jh.

Kernburg. Die ringförmige, 13-eckige Anlage der Stauferzeit bestimmt auch den heutigen Gesamteindruck der Burg Büdingen (zur staufischen Bauperiode vgl. Decker/Großmann 1999). Das Buckelquadermauerwerk reicht auf der Außenseite in verschiedenen Teilen der Burg unterschiedlich weit hoch, seit dem späten Mittelalter wurde die Mauer erhöht, in der Regel für Gebäude. Der Wassergraben, der die Kernburg umgab, ist heute zugeschüttet, so dass Sockelgeschoss und Erker an dieser Fassade sehr niedrig wirken. Die Ringmauer wurde durch einzelne Renaissanceerker, etwa links des Tores, bereichert, weitere Anpassungen an die Renaissance gibt es aber nicht.

Das innere Torhaus, das sogenannte Ludwigstor, stammt aus dem späten 15. Jh. und wurde unter Graf Ludwig dem romanischen Torbau vorgestellt. Zum Graben hin öffnet sich der Torbau durch Schießscharten, die für Hakenbüchsen dienten und nach oben hin abgedeckt sind.

Die Bauten der Kernburg sind durch den Teilungsvertrag von 1517 auf die beiden Linien aufgeteilt worden, Wappen und Inschriften kennzeichnen die jeweiligen Besitztümer. Die linke, nördliche und östliche Hälfte der Burg stand der Ronneburger Linie zu, die rechte Hälfte der Birsteiner. Der Innenhof wird durch den Bergfried neben dem Tor, vier Treppentürme und mehrere Erker bestimmt. Am Bergfried finden sich ein erkerartiger Fenstereinbau und ein Kellerzugang von 1610. Der Treppenturm am Bergfried hat ein spitzbogiges Portal, dessen Gewände nachträglich nach oben hin abgeschrägt ist und mit einer Inschrift „den 30. Tag Marci anno 1530“ versehen ist, jedoch in einer Schriftform, die frühestens in das 17. Jh. gehört.

Anschließend folgt im Norden der romanische Palas, dem zum Hof hin eine Auslucht vorgestellt wurde. Diese stammt aus der zweiten Hälfte des 16. Jh. (vgl. Oberhof), ein Inschriftstein von 1601 ist nachträglich in das sonst abweichende, ältere Profil eingesetzt und markiert einen Besitzwechsel mit der Wiedervereinigung der Ysenburger Linien 1601. Mittig vor dem Palas befindet sich der zweite Treppenturm. Im obersten Geschoss hat er Farbfassungen innen an den Fenstern, dazu die Jahreszahl 1531, die vermutlich eine Erneuerung datiert, der Treppenturm selbst dürfte im späten 15. Jh. entstanden sein.

Das Hauptgeschoss des Palas wurde erstmals im frühen 14. Jh. aufgeteilt. Seither besteht es aus drei Räumen, heute bezeichnet als ‚Rittersaal‘, ‚Herkules-Saal‘ und ‚Gemaltes Gemach‘. Ein spätgotisches Gewölbe (um 1490) mit reicher figürlicher und ornamentaler Malerei deckt den Rittersaal, der mit Wandmalereien und gemalten Portalumrahmungen der Renaissancezeit ausgestattet ist (Mitte 16. Jh.). Herausragend ist ein Medaillonbild mit Darstellung des Schlosses Büdingen. An der hofseitigen Mauer fällt ein gemalter Renaissancebaldachin auf, Figuren und eine gedeckte Tafel sind nur noch schwach erhalten. Das Medaillonbild zeigt Schloss Büdingen von Norden im Zustand von etwa 1550, jedenfalls vor 1561, und ist daher eine wichtige Quelle zur Baugeschichte. Das Schloss wird durch ein vergittertes Rundfenster gesehen, ein bemerkenswerter Illusionismus, für den es in Hessen in dieser Zeit kein Vergleichsbeispiel gibt. Die gotische Aufstockung der Kapelle ist auf dem Gemälde vorhanden, der Wassergraben noch erhalten. Der Renaissanceaufbau der Hohen Schule über der Kapelle fehlt aber noch, ebenso der äußere Umgang an der Kapelle sowie der Helm auf dem Bergfried. - Der hofseitige Renaissanceerker der Zeit um 1570 verstellt ein älteres Palasportal. Im ‚Herkules-Saal‘ befindet sich ein Renaissancekamin auf Säulen, am Sturz Zeichen und die verschlungenen Buchstaben AEPL (unter einer Krone), um 1600. Die Wandmalereien aus der Mitte des 16. Jh. zeigen den Helden der Antike, Herkules, und den des Alten Testaments, Samson. Auf einem großen, über die Raumecke reichenden Wandbild sieht man Herkules, der mit weitem Schwung ausholt, mit seiner Keule die Hydra zu erschlagen, der zwei Köpfe nachwachsen, würde man ihr einen abschlagen. Gegenüber steht Samson vor einer hügeligen Landschaft, mit ausgestreckten bloßen Armen nach dem Löwen greifend, um ihn zu zerreißen. Das Gewölbe ist illusionistisch bemalt. Im Gemalten Gemach wurde gleichfalls im späten 15. Jh. ein spätgotisches Sterngewölbe eingefügt. Von der älteren Dekoration zeugen die tapetenartig aufgemalten Wappen an den Mauern (nach 1332), mit den Wappen von Hanau und von Ysenburg. Die renaissancezeitliche Ausmalung ist inschriftlich 1546 datiert. Die Portale sind Rankenmalereien mit Fabelwesen und einem schlangenbezwingenden nackten Mann eingefasst. Ein großes Wandbild bezieht sich auf die antike Sage, derzufolge Pythagoras aufgrund der unterschiedlichen Töne, die durch verschieden schwere Schmiedehämmer erzeugt werden, auf musikalische Intervalle schloss. Dieser Teil des Bildes verkörpert sozusagen die Musiktheorie. Die übrigen Teile des Gemäldes zeigen die Musikpraxis, wobei die mittlere Gruppe für die Baßmusik im Innenraum steht (Cembalo, Gambe, Bratsche, Querflöte, Sänger), während die rechte Gruppe die Musik im Außenraum repräsentiert (Regal, Posaune, Zink). Beides sind Aspekte der höfischen Musik. Hinzu treten die exotische Musik sowie die bukolische Musik im Hintergrund (Hinweise: F. Bär, Nürnberg). Gemalt wurde das Bild von Hans Abel (Mainz). Propheten (Daniel, Samuel, Jesaja, Hesekiel) und Evangelisten (Matthäus, Markus, Lukas, Johannes) zieren die Gewölbekappen, jeweils mit Beschriftungen und Assistenzfiguren (Engel, Löwe, Stier, Adler). Im obersten Geschoss des Palas ist an den Flur eine Ofenöffnung angebaut. Es handelt sich dabei um die Heizöffnung eines Hinterladerofens. Nahe dem hofseitigen zweiten Treppenturm führt im Gebäudeinnern vom vorletzten zum obersten Geschoss die schon erwähnte innere Wendeltreppe mit steinerner Spindel, oben mit einem Fachwerkgerüst und Kielbogenportal endend (1497). Hier sitzt ein hofseitiger Gang, von dem aus Kielbogenportale in den hofseitigen zweiten Treppenturm und in die außenseitigen Räume führen.

Der nordöstliche Bauteil im Hof ist die Kapelle. Im Untergeschoss ist sie noch romanisch, darüber ist in eine Aufstockung der Zeit um 1400 eine spätgotische Kapelle (um 1495/97) eingebaut worden, seither diente die romanische Kapelle nur noch als Kellerraum (heute Lapidarium). Die spätgotische Kapelle ist ein kurzer kreuzrippengewölbter Saal mit sternrippengewölbtem Chorraum, seitlich von der in den Kirchenraum einbezogenen Empore erweitert, der den früheren Wehrgang nutzt. Die Datierung der Kirche erfolgt durch die Identifizierung der Wappen an den Gewölbeschlußsteinen, die eine Konstellation der Jahre um 1495/97 ergibt. Auf der Westempore gestäbtes Schulterbogenportal, bezeichnet 1530, Schulterbogenportal mit doppelter Kehlung und doppelten Stäben.

Der Zwickelraum zwischen Kapellenuntergeschoss und sogenannter Kemenate enthält eine Esse, datiert 12. Jvlii 1552, ferner eine Tür zu einer Treppe nach außen (nördlich), ebenfalls datiert 1552. Die Tür führte auf einen Umgang auf der Außenseite, der die Kirche umgab und die Verbindung der anschließenden Flügel unter Umgehung der (gemeinsam genutzten) Kapelle ermöglichte. Die Außenmauer der Kapelle hat zwei Konsolenreihen aus den Jahren 1550-52 für den früheren Gang.

Den Bereich südöstlich der Kapelle nimmt der gewinkelte Krumme Saalbau ein, an dessen Hoffassade sich ein 1547 bezeichneter Erker findet. Die Kreuzstockfenster gehören zur ursprünglichen Bauzeit, 1490 (d). Das Innere ist durch eine ursprüngliche Mauer in zwei Räume geteilt: Graf-Diether-Saal und Hofstube haben jeweils vier Kreuzrippengewölbe auf einem achteckigen Mittelpfeiler, der das Gewölbe zu durchstoßen scheint. Am Pfeiler setzen die Gewölberippen alle in unterschiedlicher Höhe an, auch an den Außenmauern treffen sie sich nicht auf einer Ebene. Hier ist ein frühes Beispiel dieser ironischen Wölbtechnik zu sehen, gefördert durch die Unregelmäßigkeiten des Grundrisses durch die polygonale Ringmauer, die als Außenmauer des Gebäudes mitverwendet ist. Bemerkenswert sind die renaissancezeitlichen Änderungen, namentlich die Erker sowie die Ausmalung. Das Wandgemälde von 1553 ist Rechnungen zufolge Hans Abel aus Mainz zuzuschreiben (freundlicher Hinweis K.-P. Deckers), nicht Sanßdorfer. An der Außenseite befinden sich ein kleines Portal, bezeichnet 1552, 30. May, ein Erker von 1546, eine undatierte Wandnische dazwischen und weitere kleine gewölbte Erker von 1552; die Jahreszahlen benennen offenbar den in zwei Abschnitten erfolgten Ausbau des Saales. Auf der Außenseite bemerkt man, dass bis zu diesem vermauerten spitzbogigen Portal von 1552 der auf den durch die Konsolen gekennzeichneten Umgang führt, das Gegenportal vor der Kapelle ist vom 12. Juli datiert (s. o.).

Im Obergeschoss des Saalbaues befindet sich über dem Speisesaal ein krummer Saal mit vier Holzstützen, diese Mittelstützenreihe ist heute zu einer Wand geschlossen. An der Stirnwand zur Kapelle saalseitig ein großer auf die gesamte Breite bezogener Kamin mit Rundstab und Kehlenprofil, passend in die Bauzeit um 1550.

Der Küchenbau nimmt den südöstlichen Teil des Hofes ein und hat gleichfalls eine gewinkelte Fassade. Im Kern handelt es sich um einen Bau des 14. Jh., im späten 15. Jh. bescheiden erneuert und in der Renaissancezeit ausgebaut, namentlich durch die auffälligen Zwerchgiebel zum Hof hin. Die Zwerchhäuser haben im unteren Vollgeschoss eine Pilastergliederung und zweimal zwei Zwillingsfenster, darüber ein Giebelgeschoss mit Beschlagwerkvoluten sowie Obelisken und auf dem von Voluten eingefassten Halbkreisabschluss nochmals einen Obelisken. Zwischen den beiden Giebeln sitzt ein kleines Zwerchhaus aus einem Einzelfenster und einem kleinen Giebel. Das Innere hat östlich den Flur, von dem aus eine Tür mit der Jahreszahl 1546 in die Küche führt. Vom Flurraum geht rechts eine neugotische Segmentbogentür in den großen historistischen ‚Gemalten Saal‘ mit Rippengewölbe aus der Mitte des 16. Jh. und Stabwerkportal. Im östlichen Teil des Raumes unter der Treppe Reste eines Kamingewändes, wohl aus dem 14. Jh.

An der Südseite befindet sich am Küchenbau südwestlich neben einem Erker aus dem Jahre 1846 ein Erker mit Kielbogenfenstern von 1545 über einem rundbogigen Kellerportal (heute vermauert); Wappen: Ysenburg/Schwarzburg.

Würdigung

Bedeutungsvoll ist Büdingen durch die Adaption einer weitgehend noch erhaltenen hochmittelalterlichen Burg zu einem Renaissanceschloss, vor allem durch Dekorationselemente wie Bemalungen und Erker. Dabei fällt die konsequente bauliche Umsetzung der Teilung des Schlosses 1517 (verwirklicht ab 1529) ins Auge, die zu einer Vielzahl neuer Bauausstattungen führte, neben den Erkern und Portalen vor allem durch die Wandmalerei gekennzeichnet. In deren Bildprogramm sind vor allem die Darstellung der Pythagoras-Sage und die Abbildungen des Schlosses Büdingen ungewöhnlich.

Literatur, Quellen

Urkunden und Akten des Fürstlich Ysenburgischen Archivs Büdingen, u. a. Rechnungen und Bausachen.

Simon, Ysenburg, 1865

Wagner, KDM Büdingen, 1890, S. 51-81

Faust, Büdingen, 1929

Dielmann, Büdingen, 1979

Dehio, Hessen, 1982, S. 114-116

Enders/Mohr, DTH Wetteraukreis I, 1982, S. 110-112

Decker, Burgkapellen, 1995

Decker/Großmann, Büdingen, 1999