Sankt Goar, Burg Rheinfels
Bezeichnung, Eigentümer, Kreis
Burgruine. Stadt St. Goar. Burgmuseum und Schlosshotel. Mitnutzer: Internationaler Hansebund. Rhein-Hunsrückkreis (Rheinland-Pfalz).
Bauherr, Grunddaten, Zustand
Errichtung um 1245. Erweiterung 1. Jahrzehnt 14. Jh. Erneuerung nach 1567 unter Landgraf Philipp d. J. von Hessen-Rheinfels. Festungsartiger Ausbau um 1600 und nach 1648.
Geschichte
1567 fiel die Niedergrafschaft Katzenelnbogen an eine eigene Linie unter dem jüngsten Sohn Philipp dem Großmütigen, nämlich Philipp d. J., der allerdings bereits 1583 starb. 1648 gelangte die Burg an die Rotenburger Quart. Beide Daten stehen für Ausbauten der Burg, zunächst als Renaissance-Residenz, später als Festung. Von der Residenz sind allerdings durch die französischen Belagerungen 1688 und insbesondere 1692 kaum erkennbare Teile übrig geblieben, heute steht vor allem der massive mittelalterliche Burgenbau.
Baugeschichtliche Bedeutung
Nach der Gründung um 1245, von der der Stumpf des Bergfrieds und die Ringmauer erkennbar sind, erfolgte in einer zweiten Bauphase die Errichtung des Torturmes der Vorburg (nach 1303 d) sowie des Tores der Kernburg neben dem Wohnbau. Die große gekrümmte Schildmauer, die sich im Südwesten an den Torturm anschließt und bis zur Ruine des Büchsenmeisterturmes im Süden reicht, entstand bald darauf. Ungefähr gleichzeitig erfolgte die Erweiterung der Kernburg nach Nordwesten, indem man den ‚Nordbau‘ in Richtung Gründelbachtal und Rheintal über die Felskante hinausschob. In diesem Zusammenhang muss auch die große Schildmauer der Kernburg nach Südwesten entstanden sein, vielleicht nicht von Anfang an in ihrer heutigen Höhe. Damit war noch im 14. Jh. der Umfang der katzenelnbogenschen Burg erreicht.
Alle weiteren Baumaßnahmen erfolgten in hessischer Zeit. Mit der hessischen Erbteilung 1567 wurde die Burg zur Residenz Philipps des Jüngeren und wurde anschließend erneuert. Der Nordbau erhielt einen bequemen Wendeltreppenturm im Winkel des Hofes und damit eine schlossartige Erscheinung. Teilweise entstanden reiche Steingiebel, von denen einige Reste im Stil der späten Renaissance noch erhalten sind, insbesondere aber ließ Philipp der Jüngere die Burg durch Fachwerkgeschosse ausbauen, die sich schneller verwirklichen ließen. Die Kernburg, vor allem der ‚Darmstädter Bau‘ (der Nordostflügel) wurde mit Fachwerkaufbauten mit Erkern und verzierten Schweifgiebeln versehen.
Die Bauteile der Renaissance sind weitgehend wieder verschwunden, sieht man von dem großen Weinkeller in der Vorburg von 1587-89 ab, der mit seiner Spannweite von 15 Metern Breite und 10 Metern Höhe zu den einrucksvollsten Gewölbebauten dieser Zeit gehört. Die verschwundenen Bauteile sind durch die Handzeichnungen Dilichs (Michaelis 1900) überliefert. Die Fachwerkaufbauten setzten in der gesamten Kernberg alle erst oberhalb der spätgotischen Rundbogenfriese an und hatten die am Mittelrhein üblichen Formen der Verstrebungen mit geschwungenen und gekreuzten Bändern. Geschwungene Giebelkonturen, für die Philippsburg (Braubach) verbürgt, gab es nur wenige. Die Raumanordnung und -nutzung im späten 16. Jh. ist durch Inventare überliefert, die K. Demandt (1990) ausgewertet hat. Zur Sicherung entstanden erste festungsartige Außenwerke, die einen Angreifer vom Schloss fernhalten sollten. Diesen Zustand dokumentierte Wilhelm Dilich im Jahre 1607. Der umfangreiche festungsartige Ausbau vollzog sich jedoch erst unmittelbar nach dem Dreißigjährigen Krieg und umfasste die Anlage einer neuen Befestigung auf dem Höhenrücken südlich des bestehenden Bauwerks, also rheinabgewandt. Zu Recht galt es hier, die Angriffsseite vom Berg aus, also aus Richtung Hunsrück, zu sichern. Die ausgedehnte Festung hat 1692 ihren Zweck erfüllt, die französische Belagerung wurde trotz mehrfacher Übermacht abgebrochen.
Würdigung
Der Ausbau der mittelalterlichen Höhenburg zur Residenz erfolgte durch die Errichtung von Fachwerkbauteilen sowie einzelnen Steingiebeln auf älteren Gebäuden, so dass eine zwar malerische, im Kern jedoch weiterhin mittelalterliche Anlage entstand. Infolge der napoleonischen Zerstörungen sind wir für die Beurteilung des Zustandes zur Renaissancezeit auf die Aquarelle von Wilhelm Dilich angewiesen, der die wohl genauesten Aufmaßzeichnungen des frühen 17. Jh. in Deutschland geschaffen hat.
Literatur, Quellen
Pläne von Wilhelm Dilich in der Murrhardschen Bibliothek in Kassel. Schriftquellen s. Demandt 1990.
Michaelis, Handzeichnungen Dilichs, 1900, S. 26-36 u. 1 Tf. (Grundrisse, Aufrisse, Schnitte)
Demandt, Rheinfels, 1990
Freckmann, Belagerung, 1992
Fischer, Rheinfels, 1993
Fischer, Bemerkungen, 1993
Großmann, Rheinfels, 2002 (mit weiterer Literatur, vor allem zu den Bauphasen des Mittelalters)