Lichtenberg, Schloss

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Infobox
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Baumaßnahme: 1570-81 weitgehender Abbruch und Neubau,
1908 Ausbau zu Wohnzwecken,
1970 Ausbau für Museumsnutzung
Bauherr: Georg I. von Hessen-Darmstadt
Eigentümer: Land Hessen
Ort: Fischbachtal, Lichtenberg
Kreis: Darmstadt-Dieburg
Markierung
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Bezeichnung, Eigentümer, Kreis

Land Hessen. Museum und Wohnungen. Kreis Darmstadt-Dieburg.

Bauherr, Grunddaten, Zustand

Georg I. von Hessen-Darmstadt, 1570-81, weitgehender Abbruch und Neubau anstelle der mittelalterlichen Burg. Beibehaltung des separat stehenden Batterieturmes von 1503. 1570 Abbruch des Altbaues, Einebnung des Geländes. 1580/81 Vollendung (Herchenröder, KDM Dieburg, 1940, S. 198 f.; Weber 1982 u. 1983). Durchgreifender Ausbau zu Wohnzwecken 1908 und als Museum nach 1970.

Geschichte

Besitz der Grafen von Katzenelnbogen seit dem 13. oder 14. Jh. 1479 an Hessen, bei Erbteilung 1567 an Hessen-Darmstadt. Ab 1567 erfolgte der Ausbau unter Landgraf Georg I. Die nicht ganz vollständig überlieferten Baukosten ergeben eine Summe von 13.100 Gulden, insgesamt dürfte der Schlossbau 15.000 bis 16.0000 fl. gekostet haben (Wellmer).

Baugeschichtliche Bedeutung

Dreiflügelige Höhenanlage aus West-, Süd- und etwas niedrigerem Ostflügel. Hofzufahrt von Norden. Nördlich Vorburg mit Torbau und länglicher Tordurchfahrt, anschließend winkelförmig zwei Wirtschaftsgebäude, darunter der Marstall.

Torbau. Das Tor ist rundbogig, kämpferlos und ohne Rahmung. Das Torgebäude hat darüber zwei Fenster mit Falz und Kehle sowie ein Giebelgeschoss mit Voluten. Das obere Giebelgeschoss hat Rechteckfenster, von zwei Viertelrosetten mit S-Voluten gerahmt, Fächerrosettenabschluss. Hinter dem Torbau schließt sich ein längerer tonnengewölbter Gang an (bastionäre Anlage). Wenige Meter vor dem Ausgang in die Vorburg mündet dieser Gang im spätmittelalterlichen Torturm. Rundbogiger Torbogen dort aus roten und weißen Steinen im Wechsel, auf den ersten Blick sehr altertümlich wirkend. Dieser Bogen gehört zu einem spätmittelalterlichen Torbau, der nur wenige Meter tief ist und vermutlich aus der Mitte des 14. Jahrhunderts stammt. An das Innentor fügt sich der Marstall mit unregelmäßigem Grundriss an, zum Torweg hin mit einem vermauerten vierteiligen gestaffelten Fenster. Gleich hinter dem Torbau folgt links ein spitzbogiges schmales Portal; im anschließenden Mauerstück ein gestaffeltes gerade geschlossenes Fenster mit Kehlenprofil, noch aus dem frühen 16. Jahrhundert. Die Außenseite dieser Gebäude wird durch die Ringmauer der Vorburg gebildet, deren Wehrgang außen auf einem Rundbogenfries vorkragte und mit Zinnen versehen war (14. Jh).

Die Gebäude der Kernburg sind dreigeschossig und haben ein zur Außenseite sichtbares Untergeschoss. Der Ostflügel hat eine nach Osten zweimal geknickte Außenmauer und erweist sich als Rest der mittelalterlichen Burg, dort ist er sieben-, auf der Hofseite sechsachsig. An der Südostecke im 1. Obergeschoss Konsole eines Erkers der Zeit vor Anbau des Südflügels. Verputzter Bruchsteinbau mit Eckquaderung. Walmdach. Die Fenster sind sämtlich gekuppelte Doppelfenster mit Falz und Karnies. Unterer Abschluss des Profils als Volute, z. T. in Blattform.

Im Erdgeschoss ist in der 4. Fensterachse von links (Hofseite) das Fenster etwas nach oben versetzt. Hier handelt es sich um ein Kreuzstockfenster mit Falz und Kehle. Das Profil läuft auf allen Seiten um das Fenster herum, endet also nicht in einer Volute. Links neben dem Fenster befindet sich ein Portal. Es ist rechteckig und wird von kannelierten Pilastern mit Gebälk und Dreiecksgiebel gerahmt, im Tympanon eine Halbkugel. Pilastersockel mit Diamantquader. Pilasterschäfte von jeweils zwei aufgesetzten Platten unterbrochen. Nordseite zweiachsig. Die Fenster nehmen von unten nach oben in der Höhe ab. Süd- und Westflügel. Hofseitig besitzen der Westflügel sechs und der Südflügel drei Fensterachsen, nach Westen fügt sich noch ein polygonaler Treppenturm an. Die Fenster in den Obergeschossen sind gekuppelt, lediglich die Fenster in den beiden Achsen im Winkel haben nur die halbe Breite. Im Erdgeschoss finden sich von Nord nach Süd ein Kreuzstockfenster, ein aufwendiges Portal, zwei gekuppelte Fenster, ein rundbogiges Tor mit zwei Oberlichtfenstern sowie ein rechteckiger Eingang mit einfachem Oberlicht, im Südflügel von West nach Ost zwei rundbogige Tore mit gekuppelten Oberlichtern (das rechte vermauert) sowie ein Kreuzstockfenster. Das Portal zum Westflügel wirkt wie ein Hauptportal, obwohl es unmittelbar in die Küche führt. Die rechteckige Türöffnung wird von doppelten Pilastern gerahmt, zwischen denen Nischen und Diamantquadern liegen. Der Architrav ist über diesen seitlichen Teilen leicht vorgezogen. Über einem Gesims Wappenaufsatz, Doppelwappen mit Dreiecksgiebel. Die Überleitung des breiteren Portalrahmens zum schmaleren Wappenfeld geschieht durch Beschlagwerkfelder. Doppelwappen: Georg I. und Magdalena zur Lippe (Steinmetzzeichen s. KDM). Als Anregung dienten Vorlagen aus Serlios Architettura. Das Portal am Treppenturm entspricht jenem am Ostflügel. Der Treppenturm überragt die Flügel um ein Geschoss. Die Spindeltreppe windet sich linksläufig zum Dachgeschoss, die Windungen sind außen durch die schräg gestellten Fenster erkennbar. Das Dachgesims von Süd- und Westflügel zieht sich auch um den Treppenturm und teilt sein oberstes Geschoss ab. Dort sind die Fenster rechteckig. Im Innern wird der Treppenraum durch eine geometrische Stuckdecke mit einer Sonne als Mittelbild abgeschlossen. Über den beiden nördlichen Hofachsen des Westflügels befindet sich ein Zwerchgiebel aus einem Vollgeschoss mit zwei gekuppelten Fenstern, darüber, durch ein Gesims abgeteilt, das untere Giebelgeschoss mit zwei einfachen Fenstern, in der Mitte ein Rustikapilaster. Rahmung durch Viertelkreisbögen mit senkrechten Aufsätzen. Das mittlere Giebelgeschoss wird von C-Voluten begrenzt und besitzt in der Mitte ein Rundfenster, das obere Giebelgeschoss ist fensterlos und hat S-Voluten als seitliche Begrenzung. Halbkreisaufsatz mit Fächerrosette. Die Giebelgeschosse werden von Gesimsen abgeteilt. Seitlich sitzen auf ihnen kleine Rechteckaufsätze mit Kugeln auf, im obersten Geschoss nur Kugeln. Die Gliederung der äußeren Zwerchgiebel ist entsprechend.

Die Außenfassade von West- und Südfront hat je acht Fensterachsen. Die Gliederung ist ausgesprochen regelmäßig. Über den beiden äußeren Achsen findet sich jeweils ein Zwerchhaus. An der Westfassade springen zwischen der 2. und 3. beziehungsweise der 4. und 5. Achse zwei Abortrisalite vor, mit kleinen rechteckigen Fenstern mit rustiziertem Rahmen. Der Westflügel ist etwas kürzer als der Ostflügel. Er endet im Norden in einer fensterlosen Giebelwand, die eine Brandmauer gewesen sein könnte. Bis zum 19. Jh. stand an der Stelle einer sichelförmigen Terrasse nördlich vor dem Schloss ein Gebäude der mittelalterlichen Burg. Östlich Abschluss des Südflügels zweiachsig, mit Zwerchgiebel.

Innenräume. Der Ostflügel, also der alte Bau des Kernschlosses, wurde spätestens für Museumsnutzung vollständig zerstört. Der Grundriss (Herchenröder, KDM Dieburg, 1940) zeigt für das Erdgeschoss des Ostflügels hinter dem Portal und dem rechten anschließenden Fenster einen Flur mit Treppenhaus und nach beiden Seiten je einen Saal, rechts den ‚Gesindesaal‘. Im 1. Obergeschoss liegen links des Flures der Kirchensaal, rechts die Sakristei und ein Kirchengemach. Der Ostflügel wird durch eine Mauer vom Südflügel abgeteilt. In den beiden anderen Flügeln sind die Räume des Erdgeschoss ein oder zweiachsige aufeinanderfolgende Wirtschaftsräume. Die Küche liegt nördlich im Westflügel, sie hat Rundpfeiler und zwei Schwibbögen, die den Rauchfang eingefasst haben. Es folgen Stube und Kammer des Küchenschreibers, Kochkammer, ferner die Rechenstube samt Vorgemach und Kammer, zwei Lichtkammern und die Buttelei (Vorratsraum), dazu insgesamt vier Aborte. Im 1. Obergeschoss haben die beiden Flügel im Süden den großen Saal und ein Vorgemach sowie zwei Stuben, zwei Kammern und zwei Aborte. Im 2. Obergeschoss folgen mehrere Stuben, Kammern und Aborte, im Dachgeschoss drei Kammern und Aborte. Im Westflügel befindet sich am Südende ein Treppenhaus der Nachkriegszeit, ältere Bausubstanz wurde weitestgehend vernichtet.

Der Hauptsaal im Südflügel befindet sich seitlich eines schmalen Querflures, der am Treppenturm ansetzt. Der Saal westlich des Flures reicht bis zur Westfassade und ist mit einer geometrischen Stuckdecke versehen. Der Mittellängsunterzug ruht auf achteckigen Säulen; die Unterzüge sind verkleidet und gleichfalls stuckiert. Die Stuckdekoration des Saales besteht aus Kreisen, Achtecken, Kreuzen und Sechsecken in strenger geometrischer Anordnung, unmittelbar nach einer Vorlage aus Sebastiano Serlios Architettura. Östlich des Flures liegt ein kleineres Gemach, vielleicht mit einem in den Akten erwähnten „Steinernen Gemach“ zu identifizieren. Seine Stuckdecke weist Kreise und Segmentbögen auf. Drei weitere stuckierte Räume im West- und Südflügel im 1. und 2. Obergeschoss gehören zu den Wohnräumen des Landgrafen und der Landgräfin, diese Räume sind jedoch durch die Aufteilung und Wohnnutzung des Schlosses heute nicht mehr als ehemalige Appartements wahrzunehmen.

Rondell. Westlich der Burg befindet sich auf einer eigenen Anhöhe ein Rondell von 1503. Es hat zwei hohe Geschosse sowie eine mit einer hohen Brustwehr versehene obere Terrasse, dennoch aber eine recht gedrungene Gesamterscheinung. Es hat über dem ebenerdigen Portal einen kleinen Wurferker. Die Schießscharten sind durch die Tiefe des Mauerwerks bedingte außerordentliche große Maulscharten, sowohl in den beiden überwölbten Hauptgeschossen wie auf der Dachterrasse. Die Scharten sind durch Schiebeklappen verschließbar und hatten Hölzer als Widerlager für Hakenbüchsen. Offensichtlich war das Rondell nicht mit Kanonen, sondern nur mit Hakenbüchsen bestückt. Eine Treppe führt in der Mauerstärke an der Nordseite nach oben. Kurz vor dem Ausstieg auf die Plattform befindet sich ein Aborterker an der Nordseite.

Würdigung

Schloss Lichtenberg gehört zu den großen und besonders repräsentativen Renaissanceschlössern in Hessen und ist wie kaum ein anderer Bau auf Fernwirkung berechnet, auch wenn sich dies aus der Nachfolge einer mittelalterlichen Höhenburg ergibt. Anlass für den Neubau war die Erbteilung nach dem Tode Philipps des Großmütigen, durch die separate Herrschaften entstanden waren. Lichtenberg hat zwar eine schlichte Fassadengestaltung, wirkt jedoch durch die Zwerchgiebel an den Gebäudeecken kastellartig und stellt ein gutes Beispiel für den Kastelltyp dar. Bemerkenswert sind die Stuckdekorationen von Saal und Treppe, aber auch das besonders aufwendige Küchenportal.

Literatur, Quellen

KDM, Abb. 188, nach StA Darmstadt

Quellenangaben s. Weber, Lichtenberg, o. J.

Zeichnung des Schlosses von außen von Valentin Wagner, 1634 (Albertina, Wien).

Bronner, Odenwaldburgen, 1924

Wellmer, Lichtenberger Schloß 1926

Herchenröder, KDM Dieburg, 1940, S. 196-207

Weber, Baugeschichte, 1982

Weber, Lichtenberg, o. J. [um 1983] (mit weiteren Literatur-Angaben)

Biller, Odenwald, 2005, S. 206-210